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Keltische Knochen

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Keltische Knochen ist eine ErzÀhlung von Wilhelm Raabe.

Reinlesen:

Wir waren unserer Drei, und trotz allem, war der Dichter der Edelste von uns; er hieß leider Krautworst und war aus Hannover, sagte natĂŒrlich beides nicht gern; sondern stellte sich meistens als den Verfasser der LebensblĂŒthen vor und dar, sonst nannte er sich auch wohl, glĂ€nzenden aber auch von der Prosa ihres Namens oder Geburtsortes erdrĂŒckten Beispielen folgend, Roderich von der Leine. Er hatte uns in Linz im Erzherzog Karl aufgegabelt, hielt krampfhaft wenigstens an mir fest, schwĂ€rmte fĂŒr Linz und ließ nicht selten geheimnißvolle Andeutungen fallen, daß er daselbst etwas erlebt habe. Seine öftere Geistesabwesenheit und Zerstreutheit gab Anlaß zur Vermuthung, daß er dieses Erlebte poetisch zu verwerthen im Begriff sei; seine lyrischen Wehen hatten oft etwas BeĂ€ngstigendes fĂŒr mich; afficirten jedoch den Dritten in unserem Bunde weniger. Dieser Dritte war, ohne sich dafĂŒr zu geben, ein Geheimniß, und eben so verschlossen, als der Poet offenherzig und mittheilungswĂŒthig war. In die FremdenbĂŒcher zeichnete er sich kurz als Zuckriegel; ich hegte aber einigen Zweifel, ob dies wirklich sein Name sei; bis er in Wien in den drei Raben höchst unmotivirter Weise in einen Streit gerieth, der ihn und mich vor die königlich-kaiserliche Polizei fĂŒhrte und ihn zwang, mit seinem Paß herauszurĂŒcken. Er hieß in der That Zuckriegel, ohne sich dessen zu schĂ€men, und war Prosector an einer kleinen norddeutschen UniversitĂ€t, hatte jedoch in seinem Aeußern sowohl als in seinem Innern sehr viel vom Scharfrichter. Nur ein schlechter Charakter gleich dem seinigen, konnte es ĂŒber sich gewinnen, einen so guten Menschen wie den Dichter durch ein ewig wiederholtes Auftischen des gehaßten Familiennamens Krautworst an allen Nervenenden zu zupfen und zu kitzeln.