2. Selbstmordversuche. 2 x 7. Stock! Mit 20 muss sein Unterschenkel dran glauben, doch Manuel ist tapfer, will die Versäumnisse aus der trostlosen Vergangenheit schnellstmöglich nachholen und endlich, endlich anfangen zu leben. Er lässt sich nicht entmutigen, findet einen beeindruckend selbstbewussten Umgang mit der Behinderung, die zwar doof, aber nicht wirklich tragisch ist. Mit einem zunehmend wachsenden Selbstvertrauen nimmt er sich unerschrocken seiner hunderttausend Probleme an, scheitert, steht wieder auf und erzielt doch unterm Strich beachtliche Erfolge.
12 Jahre später ist Manuel wieder zertrümmert. Diesmal hingegen ist er mit einer gnadenlos - brutalen Realität konfrontiert, die Zuversicht und Hoffnung fast unmöglich machen. Zu schwerwiegend sind die Verletzungen, als dass es möglich wäre, im nächsten Sommer wieder durch die Grüngürtel am Kölner Rheinufer zu streunen, um hier in den lichten Sommerwäldern das wilde Abenteuer zu suchen, was jahrelang sein fragiles Ego gepuscht hatte. Illusionen sind längst zerbrochen. Zu bitter und verstörend waren die ganzen Niederlagen und Erkenntnisse der letzten Jahre. In Traumwelten zu flüchten, hat längst seinen Reiz verloren. Der Arschlochtyp, der ihn fünf Jahre verleugnet hatte, hatte nie die Absicht, sich zu ihm zu bekennen. Eine Niedertracht, die die längst eingetretene Abwärtsdynamik noch massiv beschleunigt. Sexuell geht gar nichts mehr. Und wenn dann doch alle paar Monate ein Typ kommt, wird der Rollstuhl mit letzter Kraft im Wandschrank versteckt. Viele schräge Dinge hat Manuel ja bereits gedreht. Aber mit `nem Rollator in ´nen Schwulenclub zu gehen, wäre doch blamabel, wahrscheinlich unendlich blamabel. Vermeintliche Freunde haben sich abgewandt, was ihn total enttäuscht, aber nicht eben verwundert. Denn Manuel ist schließlich immer einer gewesen, der zum Lachen in den Keller ging. Er war allein, ist allein und fürchtet, für immer allein zu sein. Rauchen und Medikamentenmissbrauch in befremdlichen Ausmaß haben Spuren hinterlassen. Körperlicher und optischer Verfall, Niedergang in jeder Hinsicht und eine nicht geringe Tendenz zur Selbstaufgabe, greifen wild um sich. Doch nun liegt es an Manuel, die Stärke, die Kraft und den Willen aufzubringen, noch einmal aufzustehen, um einen Befreiungsschlag zu wagen und den abgrundtief hässlichen Scherbenhaufen ohne Wehmut hinter sich zu lassen.