De Profundis - Aus der Tiefe - ist ein Brief, den Oscar Wilde während seiner Inhaftierung im Reading Gaol an "Bosie" - Lord Alfred Douglas - schrieb. In der ersten Hälfte des Briefes erzählt Wilde von ihrer früheren Beziehung und ihrem extravaganten Lebensstil, der schließlich zu Wildes Verurteilung und Inhaftierung wegen grober Unanständigkeit führte. Er klagt sowohl Lord Alfreds Eitelkeit als auch seine eigene Schwäche an, als er diesen Wünschen nachgab. In der zweiten Hälfte schildert Wilde seine geistige Entwicklung im Gefängnis und seine Identifikation mit Jesus Christus, den er als romantischen, individualistischen Künstler charakterisiert. Der Brief beginnt mit "Dear Bosie" und endet mit "Your Affectionate Friend".
Wilde schrieb den Brief zwischen Januar und März 1897, kurz vor dem Ende seiner Haftzeit. Der Kontakt zwischen Douglas und Wilde war abgebrochen, und Wilde hatte unter der strengen Überwachung, der körperlichen Arbeit und der emotionalen Isolation gelitten. Nelson, der neue Gefängnisdirektor, war der Meinung, dass das Schreiben kathartischer sein könnte als die Gefängnisarbeit. Er durfte den langen Brief, den er "zu medizinischen Zwecken" schreiben durfte, nicht abschicken; jede Seite wurde ihm weggenommen, wenn er fertig war, und erst am Ende konnte er ihn durchlesen und überarbeiten. Nelson übergab ihm den langen Brief bei seiner Entlassung am 18. Mai 1897.
Wilde vertraute das Manuskript dem Journalisten Robert Ross an - ebenfalls ein ehemaliger Liebhaber, treuer Freund und Rivale von "Bosie". Ross veröffentlichte den Brief 1905, fünf Jahre nach Wildes Tod, und gab ihm den Titel "De Profundis" nach Psalm 130. Es handelte sich um eine unvollständige Fassung, der die autobiografischen Elemente und die Anspielungen auf die Familie Queensberry entnommen wurden; verschiedene Ausgaben enthielten mehr Text, bis 1962 die vollständige und korrekte Fassung in einem Band mit Wildes Briefen erschien.