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Der transpyrenäische Austausch in der romanischen Bauplastik von 1060 bis um 1120: Eine Form- und Motivanalyse ausgewählter Kapitellplastik aus Saint-Gaudens, Saint-Sernin de Toulouse, der Gascogne und aus den spanischen Königreichen Kastilien-León, Navarra und Aragón

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Die "Spain-or-Toulouse"-Diskussion beschäftigte eine ganze Wissenschaftsschule in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Thomas W. Lyman, Jean Cabanot und Marcel Durliat stellten die Frage nach den Ursprüngen der romanischen Bauplastik sowie nach der Existenz einer "Pilgerwegsskultpur" und "-architektur". Nach weitgreifenden exemplarischen Untersuchungen zur romanischen Bauplastik in Südwestfrankreich und Nordspanien wurden nun neue Ansätze gebündelt. Das Gesamtergebnis stellt traditionelle Periodisierungen in Frage. Den Ausgangspunkt bilden die Chorkapitelle und die komplexe Bauchronologie der Kollegiatkirche Saint-Gaudens. In dieser Kirche am Fuße der Pyrenäen lässt sich ebenso ein spanischer Einfluss in der Bauplastik nachweisen wie in Saint-Sernin de Toulouse und den gaskonischen Kirchen von Saint-Mont, Simacourbe und Croute. Die Verbreitung kastillisch-leonesischer, navarresischer und aragonesischer Bauplastik nördlich der Pyrenäen zwischen 1075 und 1100/1110 belegt die Strahlkraft, die das politische und kulturelle Zentrum León unter Fernando I. und seiner Gemahlin Sancha hatte. León ist sowohl Ausgangspunkt für die nordspanische Bauplastik, aber auch für die Rückwirkung Jaqueser Bildhauer im Umfeld von Frómista, Jaca und Loarre. Diese Mobilität und die Überregionalität sind ein Zeichen dafür, dass die kunstwissenschaftliche Forschung bereits ab den 1070er Jahren von einer höfischen Bildhauerschule mit transpyrenäischem Wirkungsfeld ausgehen muss.