Die Bedeutung kulturellen Lebens im Alltag der Speziallager mit neuer und umfassender Quellenbasis
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges errichtete die sowjetische Besatzungsmacht in Deutschland auf dem Gebiet ihrer Besatzungszone (SBZ) zehn Gefangenenlager, die sie unter der Bezeichnung »Speziallager« führte. In diesen Lagern wurden zunächst NS-belastete Personen gefangen
gehalten, bald aber vor allem Gegner des importierten sowjetischen Gesellschaftssystems ohne gerichtlichen Schuldnachweis, auf unbestimmte Zeit und unter unmenschlichen Haftbedingungen. Von den Häftlingen am schlimmsten empfunden wurde dabei das Hauptziel der Lager: »die totale Isolation« der Häftlinge und das Verbot jeglicher geistiger Betätigung.
In der DDR waren die Lager ein Tabuthema. Der reale Lebensalltag der Gefangenen ist auch heute noch weitgehend unerforscht und durch sowjetische Akten nicht dokumentiert. Das gilt insbesondere für die Frage, wie Musik und kulturelle Betätigung das Leben und Überleben in der Gefangenschaft prägten. Auf Grundlage von einschlägigem Archivmaterial in Deutschland und Moskau sowie von neu verfügbaren privaten Berichten, Noten und Zeitzeugeninterviews untersucht die Autorin diesen Aspekt für alle zehn sowjetischen Speziallager systematisch und vergleichend.