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Aaron der Rufer : Gang durch die Gegenwart (Februar 2018)

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Daniel. Ich stehe zwischen ĂŒberfĂŒllten Zelten, wo sich die GerĂŒche armseliger Welten kreuzen. Über der StĂ€tte der Verzweiflung und der fehlenden Hoffnung leuchten die Sterne in unendlicher Klarheit. Schwer ist und immer schwerer wird es auszusprechen, was sich im Menschen drĂŒckt und ĂŒber ihm sich endlos weitet.

Hasan. Nun geht es schon ins dritte Jahr, dass uns der Hunger plagt und die alten Kleider reißen. Ich frage dich in unserer aller Not, ist es wirklich wahr, dass wir hier bleiben fĂŒr die nĂ€chsten Jahre? Ich frage deshalb, weil mich auch die vielen Kinder schmerzen, die so lange ohne Schule sind und mit leeren MĂ€gen schlafengehen.

Daniel. Die Heimat liegt in TrĂŒmmern, es gab Tote und Vermisste, und die Frauen stehen und wimmern. Was kann ich dir da raten? Nimm nur das Khilafat und die anderen Staaten, da sind wir doch verloren und verraten.

Yasin. Was im Allgemeinen fehlt, das sind Wahrhaftigkeit und Ehre. Da können wir noch Jahre lamentieren, sie werden uns die Faul- und Feigheit voll Bitternis quittieren. Was uns bleibt, das ist das Leben in der WĂŒste mit den Zelten und der ganzen SpĂ€rlichkeit.

Hasan. Selbst das bisschen Wasser ist hier brackig, schmeckt nach bittrem Sand und mehrt den Durst. Es ist das kargste Land ganz ohne Wiesen, in dem wir keine Rinder, keine Schafe halten können.

Yasin. Bedenkt, der Frieden ist verspielt, verloren, Dörfer und StĂ€dte sind verwĂŒstet, Völker brechen auseinander. Was uns blĂŒht, wir werden es sehen, auch wenn wir es nicht sehen wollen, und keiner kann sich vor dem verstecken, was uns erwartet mit dem Elend und der Not. Drum geht in eure Zelte zurĂŒck und lebt in der Magerkeit, die Nacht wird euch das Weitere lehren. Ermahnt jene, die da lauthals klagen und wimmern, dass sie die Zeiten, wie sie sind, nicht Ă€ndern können.

Sarah. Den breiten Strom haben wir ĂŒberquert, nun liegt die BrĂŒcke hinter uns. Mit dir du Lied des Todes wĂŒrgt die Schlinge, die Minute der Besinnung ist vorbei.

Theron. Hinter uns liegt die Heimat mit der zerschossenen und verbrannten Stadt. Auch dieses Land hat dem Druck des Ansturms zu weichen, es ist das letzte Zeichen aus dem Diesseits.

Sarah. Viele Menschen verloren ihr Leben, nur wenige schafften den langen Weg zum Lager und den Gang mit seinen Gefahren ĂŒber die BrĂŒcke. Es ist der rĂŒttelnde Traum der Wirklichkeit, der uns ĂŒber die letzte Barriere schleudert. Im Kern des Menschen ruht die Menschlichkeit und wartet darauf, entzĂŒndet und aktiv zu werden. Auf der moralischen Leiter soll Menschlichkeit ganz oben sein und die höchste Leitersprosse besetzen. Edle Menschlichkeit grĂŒndet sich auf Bescheidenheit und den Tugenden von Ehrenhaftigkeit, Mut und selbstloser Hilfsbereitschaft. Wie ĂŒberall im Leben entscheiden die Taten ĂŒber die moralische Höhe und die Wertigkeit des Menschen im umfassendsten Sinne. Es ist die Kommunikation zu den Höhen der HumanitĂ€t als Ziel des menschlichen Seins und der menschlichen Erkenntnis.