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Als Sklave im Osmanischen Reich und bei den Tartaren : 1394-1427. Edition Erdmann

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Der Leser hört von den politischen UmwĂ€lzungen, die sich wĂ€hrend dieser Zeitspanne im Vorderen und Hinteren Orient abspielten. Jedoch berichtet Schiltberger nicht nur von Kriegsfahrten und Eroberungen, er hat auch Land und Leute, Sitten und GebrĂ€uche scharf beobachtet und sich Sagen und ErzĂ€hlungen, die er an den Lagerfeuern hörte, gut gemerkt. Ein Thema liegt ihm als Teilnehmer eines Kreuzzugs natĂŒrlich besonders am Herzen: die Religion. So erhalten wir ein lebendiges Bild der erstaunlichen Vielfalt des religiösen Lebens in der "Heidenschaft", wie Schiltberger sich ausdrĂŒckt. Schiltbergers Bericht ist das erste Zeugnis eines deutschen Reisenden, der von Ereignissen aus dem tĂŒrkischen und mongolischen Reich berichtet. Dieser Bericht liegt hier zum ersten Mal in neuhochdeutscher Fassung vor. Schiltberger war in Kleinasien, Ägypten, im Zweistromland und in SĂŒdrussland. Es ist fast schon angebracht, von einem "deutschen Marco Polo" zu sprechen. Sein entscheidender Nachteil im Vergleich mit dem berĂŒhmten Weltreisenden war jedoch sein Status. Marco Polo reiste auf eigene Faust, Schiltberger eher unfreiwillig. "Ich war Kriegsgefangener und nicht mein eigener Herr", so sagt er selbst in seinem Vorwort. Seine Reiseroute wurde durch die politischen Ereignisse bestimmt. Bei jedem Machtwechsel wechselte Schiltberger als lebendes Inventar den Besitzer und musste dahin gehen, wohin sein neuer Herr zog. Es ist reizvoll und nicht weniger interessant, einen Reisbericht zu lesen, dessen Routen durch das Schicksal und KriegsglĂŒck bestimmt wurden. Mit Sicherheit bleibt der Leser dadurch stets an den Brennpunkten der Geschichte Vorderasiens. Auch die Perspektive des einfachen Soldaten, die der ErzĂ€hler als Sklave gezwungenermaßen einnimmt, gibt dem Bericht seine besondere Note. Sie bringt uns den Autor nĂ€her und macht ihn in seiner fast naiven ErzĂ€hlweise liebenswert.