»Was noch mehr?« »Daß es in Saint Lazare sehr fidel hergehen soll, Bürger! Man sperrt jetzt Männer und Weiber einfach zusammen, einstmalige Herzoginnen und Gräfinnen, die unter dem Tyrannen in seidenen Betten geschlafen haben, mit Damen aus dem Palais Royal und Dirnen von der Place Grève. Alles kunterbunt durcheinander. Und auch in den Gefängnissen feiert die Liebe nicht. Die Leute wollen ihr Leben noch einmal genießen, wenn jeden Morgen der Friseur seine Visite abstatten kann. Rougegorge erzählte mir, daß man in Saint Lazare Herzoginnen um eine Flasche ordinären Landwein versteigert und der glückliche Besitzer hat selber noch nicht einmal dem dritten Stand angehört. Wie sich doch die Zeiten ändern können, Bürger, in wenigen Monaten. Man sollt' es einfach nicht für möglich halten. Mir dünkt's noch gut wie heut', da ich den Galawagen des Bürgers Capet und den der hochnäsigen Österreicherin in Versailles sah, an dem Tage, da der die Nationalversammlung zum erstenmal einberief!« Plötzlich und unvermittelt gab Auguste Rodeur dem Gespräch eine andere Wendung. »Habt Ihr viele Kunden in der Rue Saint Honoré, Alter?« fragte er. »Es macht sich so ... auch in der Rue Saint Honoré, Bürger, verliert man den einen und den anderen Kunden im Handumdrehen, man könnte sagen, durch höhere Gewalt!« »Was meint Ihr damit, Bürger?« »Da hatte ich zum Beispiel eine alte Frau zu bedienen, Bürger, Estelle mit Namen. Die brauchte viel Milch. Ich habe sie anfangs für eine Kinderhalterin genommen, weil sie so viel Milch brauchte ... »Ja und was ist mit dieser Frau Estelle?« »Wartet, ich erzähle Euch alles hübsch der Reihe nach!« »Sie war aber, gar keine Kinderhalterin, sie betrieb vielmehr ein ganz anderes Geschäft in dem alten Hinterhaus der Rue Saint Honoré.« Auguste Rodeur wurde immer gespannter. Aber er hütete sich, Legrange noch einmal zu unterbrechen ...