Frau Gottschalk empfing den Privatdetektiv in ihrem BĂŒro, einem Turmzimmer, das behaglich eingerichtet war und in dem nur der Schreibtisch darauf hindeutete, daĂ hier die FĂ€den der Verwaltung eines groĂen Besitzes zusammenliefen. Frau Gottschalk war eine verschlossen wirkende Dame von etwa fĂŒnfzig Jahren, die Hempel liebenswĂŒrdig entgegentrat und sich bei ihm ob des ungastlichen Empfanges entschuldigte. »Ich brauche Ihren Rat und Ihre Hilfe in einer Angelegenheit, die mich bedrĂŒckt«, begann sie ohne Umschweife. »Es darf niemand, weder im Dorf noch hier im Hause, ahnen, warum Sie eigentlich nach Tannroda kamen. Ich habe mir daher gleich von vornherein erlaubt, Sie â da unser Bibliothekar kĂŒrzlich starb â, als dessen Nachfolger auszugeben.« Hempel sah sie nur an und lieĂ sie reden. Als er seine Schuhe betrachtete, bemerkte er, daĂ der Strumpf an der linken Ferse ein groĂes Loch hatte. In der Eile hatte er wohl gestern abend die alten Socken angezogen. Er zog den FuĂ unter den Sessel. Frau Gottschalk sagte gerade: »... Vielleicht tĂ€usche ich mich ja, vielleicht beruht alles auf falschen Vermutungen ...« »Um was fĂŒr Vermutungen handelt es sich?« fragte nun Hempel. »Um den Tod unseres alten Bibliothekars Gottfried Kluge. Er wurde vor acht Tagen im Archiv aufgefunden, erschossen. Man nahm Selbstmord an, auch die Polizei. Doch ehe ich mich dieser Ansicht anschlieĂe ... Nein, es muĂ ein Mord vorliegen!«