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Der Ausflug

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Ein Mann unterbricht eines Morgens beim Blick durch das Fenster auf die Straße die alltĂ€gliche Routine seines Lebens. Es kommt ihm plötzlich ein ungeheurer Verdacht. Alle Resultate, gleich welcher Art, sind falsch und das nicht einfach aus Versehen aufgrund eines Rechenfehlers, sondern weil das Rechnen selbst der Fehler ist. Mit einem Mal fĂŒhlt er sich wie ein lediglich auf festgelegte Funktionen beschrĂ€nkter Automat, dem der mĂ€chtige Gott des Rechnens gut berechnete Befehle implantiert hat. ErfĂŒllt von dem existenziellen Wunsch, diesen Verdacht zu ĂŒberprĂŒfen, handelt er sofort. Er beendet sein angelerntes Vertrauen in die Welt der Resultate und legt seine Sklavenkleider ab, indem er sich entkleidet, die Innenseite der Kleidung nach außen wendet und sie so wieder anzieht.

Eine phantastische Reise beginnt. Begegnungen, Begebenheiten und Metamorphosen, die bis jetzt fĂŒr ihn unvorstellbar waren, ereignen sich auf seiner Suche nach dem sagenumwobenen PhĂ€nomen, das Freiheit genannt wird. Es ist der Augenblick, da er den Schutz der NormalitĂ€t verliert, da er heraus tritt aus der Festgelegtheit und sich auf das ZufĂ€llige einlĂ€sst. Er ist nun dauernd in Gefahr in seiner Andersartigkeit erkannt zu werden und fĂŒhlt sich verfolgt als ein flĂŒchtiger Ausbrecher aus dem System der vorgegebenen Richtungsspuren. Doch er ist nicht schutzlos. Ohne Sklavenkleider verfĂŒgt er ĂŒber neue Eigenschaften wie Unsichtbarkeit, Nicht-Festgelegtheit auf eine Form oder eine Richtung, UnabhĂ€ngigkeit von Zeit, Frieren-Können in der Sonne. In seiner neuen IdentitĂ€t ist er der Eisberg, der in der Sonne friert.

Sein Ausflug wird zu einer ziemlich aufregenden Expedition ins Unvorhersehbare. Denn es ereignen sich fortwĂ€hrend ungewöhnliche Begegnungen mit Personen, die ihn zu kennen scheinen, ihn ein StĂŒck begleiten und dann wieder ihrer eigenen Wege gehen, in diesem neu betretenen Raum, der unberĂŒhrt ist von jeder Erfahrung. Er erkennt, dass es hier keine Routinen sondern nur Einmaligkeiten gibt, dass hintter jeder Gewissheit das Ungewisse lauert und hinter jeder Bedeutung die Bedeutungslosigkeit. Freiheit erscheint ihm als ein flĂŒssiges Element, und er akzeptiert sie in ihrem unfesten Wesen. Sie zeigt ihm dafĂŒr ihre Vielgestaltigkeit, und er versteht ihre Botschaft. Er weiß nun, dass es keine Sicherheit gibt, dass Unsicherheit ein wesentlicher und nicht wegnehmbarer Teil der Freiheit ist, ohne den sie nicht existieren könnte, und dass er nie seine Wachsamkeit vernachlĂ€ssigen darf, wenn er frei sein will, und es auch bleiben will. So wird er selbst zu einem permanent changierenden Wesen Ă€hnlich dem, wonach er sucht.

Die Agenten der RealitĂ€t, seine Verfolger, die ihm seine Freiheit wieder nehmen wollen, sind ihm, ohne sich klar zu erkennen zu geben, immer dicht auf den Fersen. Doch aufmerksam entkommt er allen Fallen und HinterhĂ€lten und kann seinen Ausflug fortsetzen. Am Ende kehrt er zurĂŒck in seine Wohnung und sieht wie zu Beginn seiner Reise aus dem Fenster auf seine Umgebung. Die Welt ist noch dieselbe, nur der Horizont ist ein anderer. Er zeigt ihm, dass es keine Antworten gibt. Die Fragen sind die Basis des Lebens.