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Der gelbe Hai

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Am 22. November 1963, 12.30 Uhr, fielen in Dallas (Texas) Schüsse, die in aller Welt Trauer und Entsetzen auslösten – denn der 35. Präsident der USA, der charismatische John F. Kennedy, der in Vorbereitung seiner angestrebten Wiederwahl im darauffolgenden Jahr gemeinsam mit seiner Frau Jacqueline im offenen 1961er Lincoln Continental X-100 durch die Stadt gefahren war, wurde ermordet.

Die Handlung des wie immer bei Schreyer sehr spannend und abenteuerlich geschriebenen Romans setzt kurz nach diesem Attentat ein, das für eine Zäsur in der amerikanischen Politik sorgte – aber auch in Miami in Florida, wo es eine Kolonie von Exil-Kubanern gab, die vor Castro geflohen waren. Zu ihnen gehört seit Oktober zweiundsechzig der Erzähler, Antoni (Tony) Varona, Ex-Leutnant in der Nachrichtentruppe der kubanischen Armee:

Abends kam Sprühregen auf, die beleuchteten Palmen vor dem Hotel "Commodore" tropften im Wind. Irgendwo auf dem Weg durch die Stadt hatte sich ein Schatten an mich gehängt. Ich spürte ihn zum ersten Mal beim Überqueren der Patton Avenue, fünfzig Schritte vor meinem Stammlokal. Nicht, dass ich ihn gesehen hätte; die City war viel zu belebt. Wer immer es sein mochte, er schwamm im großen Strom hinter mir her. Als ich die Stufen zum "El Chico" hinabstieg, glaubte ich es wieder zu fühlen ... Aber warum? Ich tat ja nichts, hatte nichts in Aussicht – seit einem Dreivierteljahr lungerte ich in Miami herum. Sie hatten uns auf Eis gelegt, das war mein Kummer, darüber wollte ich nachher mit Lopez sprechen. Also warum?

Ich grübelte noch vor der Theke, wo man für neunzig Cents ein Sandwich mit Schinken und Käse, Muschelsuppe und Kaffee bekommt, meistens auch ein Doughnut. Die Warteschlangen sind entsprechend lang. Der Raum war wie immer laut und voll – ein Treffpunkt meiner Landsleute. Anscheinend redete alles von dem Mord an Kennedy. Aus dem Attentat von Dallas wurde allmählich ein amerikanischer Albtraum. Eben sagte der Fernsehsprecher, Johnson habe durch Verfügung Nr. 11 130 sieben prominente Bürger unter dem Vorsitz des Obersten Richters Warren beauftragt, Hergang und Hintergrund des Anschlags zu klären. Ich nickte Bekannten zu und beobachtete die Schwingtür. Doch es erschien kein fremdes Gesicht.

Aber damit ist es nicht vorbei, denn wenig später schiebt man ihm einen Zettel zu. Er las einen einzigen Satz und fühlte einen Schock.

Dringend an Tony: Erwarte Dich im Garten – Lopez

Ihn erwartet ein Verhör – allerdings ohne Lopez.