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Der Mund ist aufgegangen

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Marcel Proust hat der Madeleine ein literarisches Denkmal gesetzt, GĂŒnther Grass die »Ahoj«-Brause in der »Blechtrommel« verewigt. Doch wer feiert heute noch den sĂŒĂŸen Schmerz, den der Genuss eines Himbeerbonbons verursachte, wer erinnert sich an das LĂ€ssigkeitsversprechen des Kaugummis, dem heimlichen VerbĂŒndeten der Reeducation, wer gedenkt noch der giftgrĂŒnen Verheißung der »Götterspeise«?

Mit diesen ĂŒberaus amĂŒsanten Capriccios, in denen hie und da etwas Wehmut aufscheint, lĂ€sst Tilman Allert die GeschmĂ€cker einer Kindheit in den frĂŒhen Jahren der Bundesrepublik aufleben: wie ein vorsorglich in der Hosentasche verstautes »Vivil« ĂŒber die Befangenheit vor dem ersten Kuss hinweghalf, was der verlockend leuchtende Liebesapfel seinem Esser an Geschicklichkeit abverlangte, welcher Zungenakrobatik es bedurfte, um die Hostie vom Gaumen zu lösen und wie ein Kamillendampfbad dem Kranken alle Sinne gleichermaßen vernebelte – einfach unwiderstehlich und höchst amĂŒsant.