âSie taugen alle nichts, diese Söhne reicher VĂ€ter, die arme MĂ€dchen zu bethören suchen. Baue nie auf eines Mannes Wort, wenn er höher steht wie Du. Lerne sie verachten, hassen, verabscheuen, wenn sie sich Dir mit Hintergedanken nahen. O, Du weiĂt noch nicht, was es heiĂt, betrogen zu werden, mögest Du es nie erfahren âŠ" Maria Seidel weiĂ, wovon sie redet, als sie der jungen Jenny Hoff diese RatschlĂ€ge gibt. Hat sie doch selbst ein uneheliches Kind, das von der âEngelmacherin" Frau Sandkorn betreut wird. Und soeben hat sie â welch ein Schock! â dessen Vater wiedergesehen, den jungen Rothers, Sohn des Fabrikbesitzers, der soeben stolz seine Braut aus den Flitterwochen nach Hause geholt hat: niemand anderen als Marias beste Jugendfreundin Louise Wilmer. Die wiederum begegnet noch am gleichen Tag dem neuen Kassierer der Fabrik â Marias Bruder Robert â und erinnert sich an ihn. Sie beschlieĂt, ihn nach der scheinbar verschollenen Freundin zu befragen. Die Dinge geraten ins Rollen und allmĂ€hlich öffnet sich ein Abgrund unter ihr ⊠Jenny Hoff wiederum schlĂ€gt die RatschlĂ€ge Marias in den Wind, bis sie schlieĂlich in ein anderes âGewerbe" gedrĂ€ngt wird â als erster deutscher Autor ĂŒberhaupt widmet sich Kretzer in âdie Betrogenen" auch dem Milieu der GroĂstadtprostitution. â Kenntnisreich in allen Berliner Schichten und Kiezen und besonders im Milieu der Industrieviertel bewandert und mit scharfer Beobachtungsgabe versehen, lĂ€sst Kretzer das Schicksal der Erniedrigten und Betrogenen lebendig werden. Unter anderem aufgrund dieses Romans hat der berĂŒhmte Literaturkritiker und Schriftsteller Hermann Bahr Kretzer den âBerliner Zola" genannt. Doch anders als Zola schildert er Leid und Not der Welt nicht mit dem kalten Auge des sezierenden Wissenschaftlers, sondern mit dem engagierten Herzen des Humanisten und Reformers.