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Die Bibliothekarinnen von Renens : Reden

E-book


Reden werden geschrieben, um vor Publikum vorgetragen zu werden. Nur wenn sie etwas taugen, halten sie auch der nachtrĂ€glichen LektĂŒre stand. Karl-Markus Gauß, der "SolitĂ€r der österreichischen Literatur" (Ulrich Weinzierl), ist in den letzten Jahren oftmals eingeladen worden, um Literatur- oder Musikfestivals mit Festreden zu eröffnen oder anlĂ€sslich von Jahrestagen, JubilĂ€en, Gedenkveranstaltungen öffentlich Wort zu ergreifen. Seine Reden haben Aufsehen erregt, gerade weil sie gegen Konventionen des Genres verstoßen: Denn hier tritt ein Redner zugleich als geradezu grĂŒblerischer und als kĂ€mpferischer Geist an, der wie kein anderer zu verbinden weiß, was gemeinhin nicht zusammenpasst: Nachdenklichkeit und Streitlust, die Freude an der historischen Abschweifung wie der zur polemischen Zuspitzung. Seine Reden gelten als anregend, spannend, ja sogar als unterhaltsam; dabei sind sie in dem Reichtum an Gedanken, ungewöhnlichen Thesen, an kaum bekannten historischen und kulturellen BezĂŒgen, den sie ausbreiten, so anspruchsvoll, als wĂ€ren sie fĂŒr die langsame LektĂŒre verfasst worden. Die Reden von Gauß sind kein anlassbezogenes Nebenprodukt seines Schreibens, allesamt kommen sie, fĂŒr den mĂŒndlichen Vortrag verfasst, aus der Mitte seines schriftstellerischen Werks, dessen "dialogische Struktur" vielfach beschrieben und gerĂŒhmt wurde.