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Die Erben der Aktion Rose

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Sie kannten sich, waren sie doch FlĂŒchtlinge aus dem Baltikum, aus Schlesien 
, die nach dem Krieg hier ein neues Zuhause gefunden, sich etwas aufgebaut hatten in den ersten Nachkriegsjahren, bis Anfang 1953, bis zur „Aktion Rose 


Sie trafen sich durch Zufall wieder, nach der Wende im Westen.

Ruth, die Tochter des Fleischermeisters, hatte ihren Besitz schon zurĂŒck, Anton liebĂ€ugelte nun mit dem GrundstĂŒck seiner Frau 
, doch die war damals die große Liebe des BĂŒrgermeisters von heute.

Wie das nun alles ausgeht, erzĂ€hlt Rudi Czerwenka in dem ihm eigenen Stil, ĂŒber den man meist nur schmunzeln kann.

LESEPROBE:

Es geschah im vorigen Sommer. Sie war noch neu in diesen im Laufe der Zeit gewandelten Dörfern, wollte eigentlich nur ein bisschen bummeln gehen, die LĂ€den und deren Angebote durchforsten. Nach anstrengenden zwei, drei Stunden war dies geschafft. Anstatt bei ihrem Gehöft abzubiegen, ging sie hinunter zum Strand und ließ sich in ihrem dort wartenden Strandkorb nieder. Die Sonne strahlte und lockte, die Augen zu schließen. Dabei war sie wohl eingeschlafen. Jedenfalls war es recht spĂ€t, als sie erwachte. Sie ging nach Hause und sortierte dort den Kleinkram aus, den sie zuvor unterwegs in den GeschĂ€ften und an den StĂ€nden der Promenade erworben hatte. Plötzlich erschrak sie: Ihre Brieftasche war weg - mit der Geldbörse und all den Chipkarten. In Gedanken verfolgte sie noch einmal ihren Weg von Ollendorp bis Martenshagen mit den jeweiligen Zwischenstationen. Wo war das TĂ€schchen geblieben?

Als Petra von ihrer Arbeit und ins Haus kam, wĂŒhlte Ruth immer noch und berichtete zwischendurch von ihrem Malheur. Das MĂ€dchen wollte sofort all die Stellen ablaufen, wo Ruth gewesen war. Aber das war wenig Erfolg versprechend.

WĂ€hrend die beiden ratlos nach Auswegen suchten, ging die WohnungstĂŒr auf, und Fred, Petras Bruder und PĂ€chter der benachbarten Baracke, trat wortlos, aber schelmisch grinsend ein. Er legte die so heiß gesuchte Geldtasche auf den Tisch. Er hatte sie unter einem Kissen in Ruths Strandkorb entdeckt. Als der Eismann vorbeimarschiert war, hatte sie sich ein Leckeis geleistet und nachher, wĂ€hrend die Suche nach dem vermissten Etui im Gange war, den Mann mit seinem EiswĂ€gelchen total vergessen.

„Das waren ja nicht die einzigen Stolperfallen“, sagte Petra, die den Abwasch beendet, eine Flasche Wein und die GlĂ€ser auf den mit einer bunten Decke verkleideten Tisch gestellt und sich niedergelassen hatte.