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Frankreich und die deutschen Kriegsverbrecher : Politik und Praxis der Strafverfolgung nach dem Zweiten Weltkrieg

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Im Dezember 1962, einen Monat vor der Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags, begnadigte StaatsprĂ€sident Charles de Gaulle die letzten in Frankreich inhaftierten deutschen Kriegsverbrecher aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Entlassung des ehemaligen Höheren SS- und PolizeifĂŒhrers Carl Oberg und des einstigen Befehlshabers der Sicherheitspolizei Helmut Knochen war der Schlußakt einer Auseinandersetzung von erheblicher politischer Sprengkraft, die seit Kriegsende zwischen Deutschland und Frankreich schwelte. Die strafrechtliche Verfolgung der deutschen Kriegs- und SS-Verbrechen durch französische Gerichte steht im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung. Claudia Moisel fragt nach den spezifischen Intentionen der französischen Kriegsverbrecherpolitik, den politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und nach ihrer Rezeption in der Öffentlichkeit. An einer Reihe wichtiger FĂ€lle wie dem Oradour-Prozeß, der 1953 in Bordeaux stattfand, wird die Interdependenz von Justiz, Politik und öffentlicher Meinung deutlich. Die Autorin beleuchtet darĂŒber hinaus die französischen Reaktionen auf das starke vergangenheitspolitische Engagement der Bundesregierung, den Bonner Einsatz fĂŒr die inhaftierten Kriegsverbrecher und die gescheiterte Ahndung der in Frankreich begangenen Verbrechen durch bundesdeutsche Gerichte. Sie kann zeigen, daß die rasche AnnĂ€herung der vormaligen "Erbfeinde" in den fĂŒnfziger Jahren von der Ausblendung der problematischen Erinnerung an die Kriegsjahre begleitet war.