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GegenStandpunkt 3-21

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Irgendein japanischer John Doe hatte mal eine Kritik am Geld. Nicht die, dass man als Ottonormalmensch immerzu zu wenig davon hat und lang und mĂŒhsam fĂŒr es arbeiten muss, um es sich zu verdienen. Dass es mit seinen Kursschwankungen fĂŒr den privaten Zahlungsverkehr nicht verlĂ€sslich funktioniert, ja ‚uns allen‘, die wir mit dem Geld zahlen und tauschen wollen, gar nicht richtig gehört, weil lauter Instanzen von der Zentralbank bis zum Spekulanten eingemischt sind und es missbrauchen – so lautete seine Kritik, und die Lösung war ganz einfach: Er erfindet im Internet an den verteufelten Instanzen vorbei ein freies Geld fĂŒr freie BĂŒrger und tauft es auf den Namen Bitcoin. Wenige Jahre spĂ€ter erklĂ€ren einem die Börsenprofis aus Funk und Fernsehen, was fĂŒr ein spannendes Anlageobjekt der Bitcoin mit seinen KurssprĂŒngen doch ist, von dem man als Ottonormalmensch allerdings besser die Finger lassen sollte. Wer hingegen genug Geld ĂŒbrig hat, auf das er zum Bezahlen gerade nicht angewiesen ist, kann mit der Spekulation auf dieses seltsame Etwas, das der Finanzkritiker da in die Welt gesetzt hat, mit etwas GlĂŒck stinkreich werden. Offenbar ist das Geld doch fĂŒr etwas anderes da, als die Kritiker des Staatsgeldes meinen. Die Karriere des Bitcoin von der digitalen Ausgeburt einer falschen Kritik am Geld des Staates hin zum Spekulationsobjekt erklĂ€rt unser Artikel.

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Das deutsche Grundgesetz genießt einen durchgehend guten Ruf. Das ist eine super Sache, da sind sich alle politischen Lager von queer bis quer einig, wenn sie sich fĂŒr ihre Anliegen auf es berufen. Dem tut es keinen Abbruch, dass die Allermeisten sich auf Nachfrage hart damit tun wĂŒrden, mehr ĂŒber den Inhalt seiner 146 Artikel kundzutun als ausgewĂ€hlte Kalauer an Grundrechten aus den ersten paar Seiten. Die restlichen 130 Artikel spielen fĂŒr den guten Ruf des Grundgesetzes offenbar keine Rolle. Kein Wunder, denn spĂ€testens dieser große Rest beweist das glatte Gegenteil dessen, wovon das Lob dieses SchriftstĂŒckes lebt: Die Satzung des Staates prĂ€sentiert die bis ins Kleinste geregelten Organisationsfragen einer politischen Monopolgewalt, die sich außerdem die Ideologie schuldig ist, die das Grundgesetz in seinen ersten Artikeln elaboriert und die ihm seinen unverdienten Ruf eintrĂ€gt: Das Volk höchstselbst habe sich hier eine Verfassung gegeben und den Staat als Diener am Volkswillen ĂŒber sich installiert.

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Dass Russland ein Problem fĂŒr uns, den Westen, ist, hört man jeden Tag. Putins Russland, eine Mischung aus zaristisch-sowjetischem Alt- und kaltem geostrategischen Neo-Imperialismus, wird immer aggressiver und kriegerischer. Dagegen gilt es sich zu verteidigen. Die politischen und militĂ€rischen Aktivisten dieses Feindbildes widerlegen es mit ihrer praktizierten Feindschaft jeden Tag. Ihren Worten und Taten ist durchaus zu entnehmen, dass Amerikas Programm nicht darin besteht, sich gegen ein immer ĂŒbergriffigeres Russland zur Wehr zu setzen, sondern darin, es als rivalisierende, ja ĂŒberhaupt als respektable Macht endlich loszuwerden. Dazu betreiben alte wie neue US-PrĂ€sidenten Gipfeltreffen und RĂŒstungsdiplomatie und unterhalten mit der kaputtgewirtschafteten Ukraine einen Vorposten ihrer ausgreifenden strategischen Einkreisung Russlands.