Sechs Jahre wartete die Lena auf ihren Fidl, der 1915 in russische Kriegsgefangenschaft geraten war. Seine Briefe und die Erzählungen ihrer Großmutter verdichtet die Autorin zu einem Panorama unterschiedlichster Gefühle und Ereignisse. Was Krieg, Kampf und das massenhafte Sterben für den einzelnen Soldaten bedeutet, wie Tiroler bei ukrainischen Bauern arbeiten und russische Gefangene beim Grödner Bahnbau helfen, warum ein Welschtiroler zuerst für den österreichischen Kaiser und dann für Italien kämpfen muß, Helene Flöss weiß es anschaulich und spannend niederzuschreiben, wobei nicht nur die große Politik eine Rolle spielt, sondern vor allem Traditionen und Lebensart der kleinen Leute, die ihre Folgen tragen müssen.
Bevor Lena stirbt, hinterläßt sie ihrer Enkelin die Gewißheit, daß es mit dem Sterben wie mit dem Einschlafen sei: man merke den Augenblick nicht, in dem man vom einen Zustand in den anderen tritt. Man wache eben dann in einer anderen Welt auf.
Es ist auch eine andere Welt, von der sich "das Kind" im Roman von der "Großmutter" erzählen läßt. Es ist eine vergangene Welt, mit der uns aber immer noch viel und Entscheidendes verbindet. Es ist nicht Nostalgie, die Helene Flöss bewegt, sondern der Wunsch zu verstehen, wie alles geworden ist. Daß darüber ein Hauch Wehmut weht, wen wundert's?