Nostalgie und Retro haben in der postmodernen Medienkultur Hochkonjunktur. Dazu gehÜren das Recyceln von Narrativen, Bildern, Sounds, Figuren und Stilistiken einer oftmals nicht weit zurßckliegenden Vergangenheit. Häufig stehen Retroprodukte allerdings unter dem Verdacht, bloà oberflächliche Simulationen von Vergangenheit zu sein. Viele "Revival-Trend"-Formate bauen auf dem nostalgischen Kapital bereits erfolgreicher Vorgänger auf und präsentieren eine "gute alte Zeit", ohne sie kritisch zu hinterfragen. Dennoch gibt es auch Filme und Fernsehserien, die ihre Rßckschau auf Formate mit sozialkritischen und emanzipatorischen Potenzialen fokussieren. So zum Beispiel die erfolgreiche Netflix-Serie "Stranger Things".
Jutta Steiner argumentiert am Beispiel dieser Serie, die generations- und länderßbergreifend eine wahre Nostalgiewelle unter ihrem Publikum auslÜste, fßr eine differenziertere Betrachtungsweise des Phänomens der Nostalgie. Unter Bezugnahme auf aktuelle Forschungen zum Thema zeigt sie, dass Nostalgie verschiedene Formen des Rßckblicks kennt. Sie untersucht, inwieweit Nostalgie dazu verwendet wird, um Rollenbilder, Klischees, Stereotype und Diskriminierungen fortzusetzen oder diese zu hinterfragen.
Steiner analysiert das breite nostalgische Angebot von "Stranger Things" und spĂźrt Trigger und Funktionen diverser Nostalgieformen auf. Dadurch hebt sie hervor, dass die Serie Nostalgie als kreative und progressive Ressource nutzt und durch die Neubearbeitung von Stilmitteln, Tropen und Figurenkonstellationen verschiedener Genres aus den späten 1970er und 1980er Jahren einen originären Status mit kritischem Potenzial erreicht â und ihr Publikum damit zu einer aktiven, reflektierten Auseinandersetzung auffordert.