Während der Nationalismus seine BegrĂźndung frĂźher in Heldengeschichten des unbesiegbaren Volkes fand, schĂśpfen heute weltweit immer mehr Staaten und Nationen ihr Selbstbewusstsein aus einer Opfergeschichte â und leiten daraus einen Status ab, der sogar vererbt werden soll.
Mit vergleichendem Blick auf Polen, Deutschland, Israel, Japan und Sßdkorea zeigt Jie-Hyun Lim scharfsinnig, welche Probleme ein solcher Opfernationalismus mit sich bringt, wenn er sich als Machtpolitik formiert: Vergangenheit wird verfälscht, die Opfer selbst werden mitunter unsichtbar gemacht und Herrschaft legitimiert. Indem er dabei konsequent die Perspektive vom europäischen Zentrum lÜst und in den Globalen Osten verlagert, wird deutlich, wie die historischen Katastrophen im Gedenken weltweit in Beziehung gesetzt und abgeglichen werden, sich erklären und in Konkurrenz zueinander geraten.
In seinen wegweisenden Ăberlegungen entwirft Lim die GrundzĂźge fĂźr einen globalen Erinnerungsraum, der auf Anteilnahme und Diversität beruht und zugleich historisch trennscharf bleibt. Ein unverzichtbarer Beitrag fĂźr die Debatten um eine Geschichtspolitik der Zukunft in der postkolonialen Welt.