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Zu keinem ein Wort!

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Sommer 1989. Noch scheint alles in Ruhe zu verharren. Doch es brodelt unter der Kruste. Dann wird Kordula, Tochter eines polnischen Nachbarn, überfallen; ein Hakenkreuz in ihre Haut geschnitten.

Die Staatssicherheit vertuscht, wo sie vorgibt, zu ermitteln. Unschuldige werden verhört, diffamiert und ausspioniert, während die Neonazis immer dreister werden.

Diese Geschichte beruht auf einem authentischen Fall.

INHALT:

Die Friedhofsfete

Tönes Land

Noch ein Besuch

Der Rütlischwur

Wo ist Kordula?

Alfreds Märchen

Der Hetzartikel

Im Freibad

Schlimme Entdeckung

Das Protokoll

Eine Amtsenthebung

Entschlüsse reifen

Nächtliche Aktion

Die Luft brennt

Der Schlei

Das schwächste Kettenglied

Es kommt anders

Missglücktes Rendezvous

Kommandant-Akimow-Straße 28

Kerzen statt Fackeln

Die Festnahme

Ypsi, Ypsi, Ypsi

Alles stürzt

Die Abrechnung

Bitterer Nachgeschmack

LESEPROBE:

Ich tue es für Kordula, denkt er, und das Bewusstsein von Mut und Selbstaufopferung wärmt ihn von innen. Trotzdem, er hätte Strümpfe anziehen sollen. Löffel holt einen Hammer und eine Handvoll Nägel hervor und gibt sie Alfred zum Halten. Er steigt als erster über den Schulhofzaun, das Zaunfeld schreit in der rostigen Halterung. Alfred reicht das Werkzeug nach und folgt. Alles bleibt ruhig, sie schleichen hart an der Ziegelwand entlang, vorüber an der Hausmeisterwohnung. Durch die zerschlagenen Scheiben des Heizungskellers dringt der Geruch der Braunkohle.

»Keinen Appetit auf Brikett?«, fragt Alfred.

»Schnauze, Mann!«

Alfred tappt in eine Pfütze, sie erreichen den Fahnenmast. Löffel hebt seine Jacke und wickelt seine Schärpe ab.

»Was steht drauf?«, fragt Alfred.

»Siehst du morgen.«

Löffel erklimmt die Betonpfeiler, die die Stange zwischen sich halten. Steckt den Hammer in die Gesäßtasche und nimmt ein paar Nägel zwischen die Zähne. Alfred begreift: Sein Kumpel will die neue Fahne nicht einfach an das Rollenseil hängen, damit jeder sie gleich wieder herunterkurbeln kann. Löffel klettert leise schimpfend, die drei oder vier Meter dauern eine Ewigkeit, der Mast ist nass und glitschig. Alfred spürt eine Spur Kränkung, schon in die Planung der Aktion wurde er nicht einbezogen, und jetzt wird ihm bloß das Amt des Schmierestehers zugetraut.

»He, warum fängst du nicht endlich an?«

»Hier hängt schon ’ne Fahne«, flüstert es von oben.

»Die hängt immer da. Schmeiß sie runter.«