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Bergmilch

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In unserem Vaterlande steht ein Schloss, wie man in manchen Gegenden sehr viele findet, das mit einem breiten Wassergraben umgeben ist, so zwar, dass es eigentlich aussieht, als stĂŒnde es auf der Insel eines Teiches. Von solchen Verteidigungsmitteln sind gewöhnlich diejenigen Schlösser umgeben, die auf FlĂ€chen liegen, also das Verteidigungsmittel des Wassers haben, aber dafĂŒr desjenigen entbehren, das ihre stolzen Schwestern auf hohen Bergen und schroffen Felsen besitzen. Sie mĂŒssen die geringere Sicherheit, die ein Wassergraben gibt, noch mit feuchter Luft, mit Fröschequaken und Fliegenungeziefer erkaufen, wĂ€hrend ihre erhabenen Schwestern zu dem grĂ¶ĂŸeren Schutz der hohen Felsen noch die reine Luft und die Aussicht als Zugabe erhalten. DafĂŒr können die ersten sich gegen WinterstĂŒrme in ein ganzes Bett von BĂ€umen verhĂŒllen, wĂ€hrend die letzten dem Anfalle der Winde so hingegeben sind wie ein Kiesel im Flusse dem ewigen GlĂ€tten durch Wasser.

Adalbert Stifter wurde am 23.10.1805 in Oberplan (Böhmerwald) geboren. Er kam als Sohn eines Leinewebers und FlachshĂ€ndlers aus einfachen VerhĂ€ltnissen. Als er 12 Jahre alt war, starb der Vater, und er wurde von da ab von den Großeltern erzogen. Er besuchte von 1818 bis 1826 das Gymnasium und studierte anschließend bis 1830 in Wien zunĂ€chst Jura, dann Naturwissenschaften und Geschichte, machte aber keine AbschlussprĂŒfung. Stifter wollte gern Landschaftsmaler werden. Den Lebensunterhalt verdiente er sich als Privatlehrer in Wiener AdelshĂ€usern. 1848 zog Stifter nach Linz und lebte dort die letzten Jahrzehnte seines Lebens. In seinen letzten Lebensjahren war er schwerkrank und litt unter Depressionen. Ob er Selbstmord beging, ist nicht sicher nachzuweisen. Er starb am 28.1.1868.


Narrator: Markus Pol
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