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Das Weib ist ein Nichts

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Hinter dem provokanten Titel, der den TagebĂŒchern Friedrich Hebbels entnommen ist und die rĂŒckschrittlichsten Theorien etwa Otto Weiningers zu unterstreichen scheint, verbirgt sich ein eigentĂŒmlicher, fiebriger Roman: Bibiana geht durch die HĂ€nde verschiedener MĂ€nner, die sie jeweils völlig neu formen, die ihr eine vollstĂ€ndig andere IdentitĂ€t verleihen, vom Namen bis zu ihrem Auftreten. In vollkommener PassivitĂ€t nimmt sie diese unterschiedlichen Schicksale an, lĂ€sst sie diese Einschreibungen ĂŒber sich ergehen.

Krass wie in einem Kolportageroman sind diese Existenzen: sie ist nacheinander das Werkzeug eines Hochstaplers, die Muse eines armen Komponisten, die Geliebte eines reichen GeschĂ€ftsmannes und die GefĂ€hrtin eines sozialistischen ArbeiterfĂŒhrers, und in dieser letzten Rolle erleidet sie dann einen sinnlosen Tod auf den Barrikaden.

Der Roman verstört. Bald nach Erscheinen schon zur Verfilmung vorgesehen (mit Greta Garbo in der Hauptrolle), rief er sehr bald kritische Stimmen hervor, die ihn auf der Folie des damaligen Emanzipationsstandes gelesen sehen wollten. Seine Kraft zeigt dieser noch ganz im expressionistischen Gestus geschriebene Roman gerade auch darin, wie fruchtbar er fĂŒr die zeitgenössische Theoriediskussion zur Gender-Frage noch immer ist.