Daniel Strassberg verbindet in seinen lebensnahen philosophischen Essays auf eine bestechende Weise seine psychoanalytische Erfahrung mit philosophischen Gedanken, und nie fehlt ihnen ein aktueller Bezug. Seine Ăberlegungen kreisen alle um das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft und speisen sich aus einem tiefen Wissen darum, dass der Mensch aus der lebendigen Gesamtheit seiner Eigenschaften und nicht aus etwas Einzelnem, Bestimmtem, seinem Bewusstsein etwa, besteht. Er beschäftigt sich mit Fragen wie, wo der Umschlagpunkt einer Befreiungsbewegung in etwas Totalitäres liegt oder ob wir unserer Existenz ein Ăźbergeordnetes Ziel geben mĂźssen, um ErfĂźllung zu erlangen, oder warum unsere Demokratien mehr gelassene Skepsis brauchen als kontroverse Debatten. Es finden sich so schĂśne Vorschläge darin wie der, den Monat Juni doch mal einfach meinungsfrei zu halten, seine vermeintlichen Ăberzeugungen abzulegen, keine Likes, keine Bewertungen, keine Urteile, keine Behauptungen, nur Beschreibungen und Erzählungen von sich zu geben. Das ist zwar nicht einfach, aber man kommt ohne seine MeinungsrĂźstung den Dingen und den Menschen näher, verborgene Eigenschaften werden spĂźrbar, die vielfältiger und farbiger sind und voller WidersprĂźche.