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Der zwangspensionierte Gott

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Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern. Das ist ein bekanntes Wort aus Goethes Drama Faust. Der Alte war zu Goethes Zeiten offenbar nur teilpensioniert; sein schrittweiser Ausstieg wurde erst vorbereitet. Selbst in meiner Generation erschien er zunächst noch täglich im Betrieb. Er erkundigte sich nach unserem Wohlergehen, hatte ein gutes Wort, brachte ein Geschenk. Die Juniorchefs liessen sich gerne von ihm beraten. Heute ist das anders. Wir haben ihn pensioniert. Er hat sich gewehrt, doch wir haben ihn entmßndigt und zur Ruhe gezwungen. Bei einer Taufe laden wir ihn nach wie vor gnädig ein, bei Trauungen immer seltener. Bei Trauerfeiern war er bis vor kurzem noch jedes Mal dabei, doch heute bemßhen wir ihn nicht mehr. Was soll er auch an Abschiedsfeiern von Ur-Ur-Urenkeln, die ihn gar nicht gekannt haben?