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Erbin des Fluches: Mitternachtsthriller

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Es war ein idyllisches Bild: Der ruhig dahingleitende Strom, der kaum Wellengang zeigte, die paar Enten, die in aller Ruhe umherschwammen, der leichte Wind, der sich im UfergebĂŒsch fing und leise in den Ästchen und Zweigen sĂ€uselte... und das kleine MĂ€dchen, das am Ufer spielte. Es war zwar Ă€rmlich gekleidet, als sei es die Tochter eines kleinen Bauern, der nur mit MĂŒhe sein tĂ€gliches Brot verdiente, aber es war fröhlich und ausgelassen. So machte es als einziges Geschöpf LĂ€rm. Auch wenn die Natur ringsum ĂŒberhaupt nicht darauf reagierte. Als wĂŒrde sie es nur mit gelassenem Wohlwollen registrieren.

Lisa schaute auf die Szene, und sie spĂŒrte dabei wieder dieses seltsame GefĂŒhl in ihrer Brust. Nicht nur, weil sie diese Szene schon so oft gesehen hatte, sie wußte gar nicht mehr wie oft. Es war schon beim ersten Mal so gewesen, auch wenn sie sich an dieses erste Mal eigentlich gar nicht mehr so recht erinnern konnte. Außer eben daran, daß sie auch damals schon dieses GefĂŒhl verspĂŒrt hatte: Es war das GefĂŒhl von Vertrautheit, vermischt mit Wehmut, vielleicht auch mit einer gewissen Sehnsucht, als wollte sie niemals mehr dieses Bild loslassen.

Kein Wunder, daß ich so oft dieser Szene beiwohne! dachte sie unwillkĂŒrlich: Dieses GefĂŒhl fĂŒhrt mich jedesmal aufs neue hin.

Aber da sie die Szene schon so oft gesehen hatte, wußte sie auch, wie sie enden wĂŒrde, obwohl sie alle Gedanken daran verdrĂ€ngte. Sie wollte sich noch nicht einmal darĂŒber wundern, wieso sie so unbeteiligt der Szene beiwohnen konnte, dabei jedes Detail mit den Augen regelrecht aufsaugend, und wie es denn möglich war, daß sich dieses hier immer wieder abspielen konnte. Sie schaute jetzt einfach nur noch hin und erfreute sich an dem kleinen MĂ€dchen, das einmal dahin und einmal dorthin lief, mit einer Leichtigkeit, als könnte es niemals ermĂŒden. Die Kleine pflĂŒckte ein paar wunderschöne Feldblumen, die in ihrem kleinen HĂ€ndchen erschienen, als wĂ€ren sie ein Teil von ihr, als wollten sie zu den strahlenden Augen passen.

Das kleine MĂ€dchen wĂ€hlte die Blumen sehr sorgfĂ€ltig aus, und Lisa wußte unwillkĂŒrlich, daß dieser kleine Strauß fĂŒr die Mutter gedacht war. Sie lĂ€chelte bei diesem Gedanken. Die Mutter...

Und an dieser Stelle geschah es - wie schon so oft! Plötzlich waren da noch andere GerĂ€usche, die zu den Ohren des Kindes drangen und es einhalten ließen.