Ich schaute aus dem Fenster und sah hinunter - wir befanden uns in einer Höhe von dreiunddreißigtausend Fuß. Momentan war ich von einem ruhigen azurblauen Himmel umgeben. Kurz vorher hatte es Turbulenzen gegeben, und bald würde es weitere Turbulenzen geben. Aber im Moment war alles ruhig. Außerdem hatte ich längst gelernt, Stürmen standzuhalten. Wir schreiben den Herbst 2012. Ich plane gerade eine Expedition – eine Art Pilgerfahrt. Ich bin auf der Reise zu meinem Geburtsort, um meine Familie zu sehen, die ich damals zurückgelassen hatte, und ich kann es kaum erwarten, zurück zu meinen Wurzeln zu finden.
Weit unter mir ziehen gespenstische Wolken gleichgültig vorbei, so gleichgültig, wie die Nebel der Zeit an mir vorbeigeglitten sind. Unser Zielflughafen ist jetzt nicht mehr weit, ich schließe kurz meine Augen. Ich erinnere mich an den Tag vor vielen Jahren und an die junge Frau, die damals aus vielerlei Gründen weggegangen war.
Als junge Frau ging ich damals weg mit nichts. Als Selfmade-Woman kehre ich heute zurück. Als Deutsche ging ich weg und als Deutschamerikanerin kehre ich zurück. Damals verließen wir Hals über Kopf das Land. Nicht einmal zwei Wochen, bevor ich das erste Mal Deutschland verließ, hätte ich geglaubt, dass ich so schnell in die Schweiz flüchten müsste, geschweige denn in die USA auswandern würde. Und auch nach all den Schicksalsschlägen bin ich in vielerlei Hinsicht dieselbe Person geblieben, die vor vielen Jahren dieses Wagnis auf sich genommen hat – ich bin eine Überlebende, eine Kämpferin, eine Art Mach-aus-allem-das-Beste-Frau.