Ion Luca Caragiale (1852â1912) galt wegen seiner tiefen Verwurzlung in der rumänischen Sprache lange Zeit als unĂźbersetzbar. Mit seinen Erkundungen in die feinsten psychologischen Verästelungen, seinem Abtauchen in die tiefsten menschlichen Niederungen und die abgelegensten sprachlichen Milieus hat Caragiale ein umfassendes Bild einer rumänischen Gesellschaft geliefert, wie es sie heute nicht mehr gibt. Der eigentlich vom Theater stammende Caragiale hat in Kurz- und KĂźrzesterzählungen â in "Humbug und Variationen" sind mehr als 60 abgedruckt â seine Mitmenschen und deren soziale Verflechtungen mit einem Feuerwerk an Witz und Sprachlust, an Präzision und Sinn fĂźr das entlarvend Absurde porträtiert. Noch heute meint man in seinen Figuren eigene Bekannte und Verwandte zu erkennen, so ewig gĂźltig hat Caragiale ihre Verhaltensmuster und Sprechweisen festgehalten.
Die deutsche Ăbersetzung von Eva Ruth Wemme, die es an Sprachverspieltheit und Punktgenauigkeit mit Caragiales rumänischen Texten aufnimmt, schenkt uns Lesern Einblicke in Situationen, Anekdoten, Journale, Dialoge, Streitgespräche â Momente und Skizzen (so bezeichnete Caragiale seine Erzählsammlungen) der rumänischen Gesellschaft um 1900 zu gewinnen. In Eugène Ionescus absurden TheaterstĂźcken wie auch in der fabulierenden GroĂprosa Mircea Cartarescus findet sich ein geistesverwandter Nachhall. Mit Caragiale ist eine Zentralgestalt der rumänischen Literatur zu entdecken, dessen unbändige, feinsinnige, urkomische und einflussreiche Geschichten auch schlicht ein groĂer SpaĂ bei der LektĂźre und ein berauschendes Fest der Sprache sind.