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Oanda - Die glückliche Insel

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Sie ließ ihren Blick über das Riff schweifen, bis sie die Klippe fand, wo ihr Vater und ihre Mutter sich aus dem zerschmetterten Boot gerettet hatten. Wie eine ungeheure Schildkröte hob sie sich aus dem weißen Schaum. Die Brandung umtobte sie, erreichte aber nie ihre Spitze. Sie war häufig mit Toko draußen gewesen, er pflegte auf der Innenseite der Klippe anzulegen, wenn er auf Schildkrötenfang war. Dann hatte sie auf dem nassen Stein gestanden und zum Meer hinausgeblickt, das raste und schäumte, weil der Korallengrund ihm seine Kraft nahm. Zwischen diesen Klippen hatte ihr Vater mit der Brandung um das Leben ihrer Mutter und um sein eigenes gekämpft, bis er einen Halt an dem rauhen Stein fand und hinaufgelangte. Die Eingeborenen hatten das Boot draußen kentern sehen. Als Pieter und Toko als die ersten die Klippe erreichten, fanden sie eine Frau, die weinend über dem Mann lag, der sein Leben hingegeben hatte, um das ihre zu retten; sein Herz war beim Kampf gebrochen. Oanda schloß die Augen und dachte an ihren Vater. Sie sah ihn auf dem Stein liegen, bleich, mit zusammengepreßten Lippen, die Hand so fest um die ihrer Mutter gepreßt, daß man sie fast nicht hatte loslösen können. Das alles hatte Pieter ihr erzählt, als sie noch ein kleines Mädchen war. Sie hatte es so lebendig vor sich gesehen, als ob sie es miterlebt hätte. Für gewöhnlich dachte sie nicht daran, daß ihre Mutter blind war und ihr eigenes Kind noch nie gesehen hatte. Wenn sie aber an ihren Vater dachte und ihn vor sich liegen sah, die Hand so fest um die der geliebten Frau geschlossen, als wollte er sie mit sich in das Unbekannte hinüberziehen, dann begriff sie, was es hieß, blind zu sein: Denjenigen, dessen Stimme verstummt war, nicht einmal mehr mit dem Blick erreichen zu können! Wann immer sie daran dachte, mußte sie weinen. Einen Traum hatte sie, der immer wiederkehrte: Sie saß hoch oben auf einem Felsen ...