1 Gott, mein Herr, spärlich ist meine Tatkraft und mager ist meine Weisheit. Mein Wesen ist ein dampfender Hauch, der bald erkaltet. Ich bin ein knisternder Funke, dessen Lodern auf kühlem Boden bald erlischt. Ja, ein hallender Ruf bin ich, dessen Sinngewicht nichtiger Klang ist und bald verklingen wird in leerer Stille. Ich schnappe nach Luft und es ist, als sei es vergebliche Mühe! Denn mein Tun ist karghaft und vergänglich. Und ehe ich Erkenntnis erschaue, werde ich nicht mehr sein.
2 Schlicht hast du mich geschmückt, als wäre ich unter sieben unverheirateten Töchtern die Letztgeborene. Zu nichts taugen meine Mühen vor den Menschen, wie ein Prahler, der sich vor der Arbeit scheut. Siehe an der Hochzeit der Königin von Saba bin ich dennoch ohne Neid im Herzen. Und wenn du Helden wie Jaschobam im Volk hervortreten lässt, dann achte ich auf seine Befehle! Denn mit dem Wenigen, das du mir gibst, will ich dich preisen!
3 Ruhe fand meine Seele in der Zuflucht des Ewigen! Ja, wie ein scheues Reh im grünen Dickicht, so umgibt mich deine Festung. Samtiges Moos wächst entlang der Baumrinden, woran ich mich anlehnen kann. Der Bach fliesst inmitten fruchtbarer Rastplätze, wo wilde Beeren und duftende Kräuter unter mächtigen Baumkronen emportreiben. Und ein leichtes Säuseln weht durch das Laub - dies ist der Geist des Herrn! Hier wohne ich, der Herr selbst hat mich hierher geführt und gesprochen: «Bewohne dieses Land.»
4 Siehe! Vor den Menschen werde ich nicht geachtet und lebe wie ein Ausgestossener. Wo sie bangen und straucheln, weil das Joch der Verblendung sie beugt, da stehe ich fest und gerade. Gelobt sei der Herr! Deines Namens will ich mich rühmen, wie in den Tagen, als Dawid voll Freudenrausches war. Er hüpfte und tanzte vor den Toren, weil deine Herrlichkeit in die heilige Stadt einkehrte.
5 Und das Herz der Tochter Sauls war voll Abscheu und sie sprach: «Es ist nicht schicklich für einen König, der über ein Menschenvolk regiert, sich dergleichen dem Freudenrausch hinzugeben.» So will auch ich vor den Menschen und ihren Gesetzen als gering und unschicklich gelten. Darin will ich standfest bleiben und nicht wanken! Gelobt sei der Herr, der Ewige!
6 Meine Seele verlässt sich auf dich, mein Herr! Der Schlaf vermag mich in meiner Erschöpfung nicht zu überwältigen. Und die Furcht überlistet mich nicht. Ich bleibe wachsam und lege meine Angelegenheiten vor dir hin. Wie in den Tagen Jehiskijahus, des Königs, als Aschschur deine Stadt belagerte. Ja, dergleichen breite ich meine Klagen vor dich aus! Denn es ist gewiss: Rettung kommt von oben!
7 Ja, der Arm des Herrn wird die Ströme teilen, sodass das Bollwerk der Belagerer sich krümmt und abbricht. Grosses ist mir teilgeworden, als ich sprach: «Nun wollen wir uns mit ganzem Herzen dem Herrn, unserem Gott, zuwenden!»
8 Gedenke an die Tage des Joschijahus, als er auszog, eifernd nach der Gerechtigkeit des Herrn, um die Altäre herniederzureissen. Und gedenke, dass diese Tage wiederkommen werden. Wie Joschijahu, der König von Juda, so wird auch der Herr, der Ewige, mit seinen heiligen Myriaden ausziehen. Und die Mächtigen, die unter den Menschen hochgeachtet und angesehen waren, werden dahinschmelzen wie feuchter Lehm. Und sie werden sagen: «Wie ist es um uns geschehen?!
9 Fliehe, wer fliehen kann! Verbirg dich, wer ein Versteck hat! Denn siehe, der Herr, der Gott der Gerechten, der die Himmeln ausgespannt, die grossen Lichter gesetzt und den verschlingenden Fluten geboten hat; «Überschwemmt nicht», der Gott, den wir nicht geachtet haben, der lässt jetzt sein Wort in Erfüllung gehen!»
10 In jenen Tagen wird ein geläutertes Volk hinausziehen, mit reinem Licht bekleidet. Und die Herrlichkeit des Herrn wird vor ihnen herziehen und sie in die ewige Stadt führen. «Jeruschalajim, Jeruschalajim», spricht der Herr: «Kein Seufzen wird in dich hineinwehen. Kein Kummer dein Herz bedrängen.