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Rolf Dieter Brinkmann und die Religion

E-book


Eine neue ungewöhnliche Perspektive auf das Werk von Rolf Dieter Brinkmann. Bisher unbekannte Handschriften, Briefe und von der Vechtaer Arbeitsstelle erworbene NachlÀsse erlauben neue Einblicke.

Eine neue ungewöhnliche Perspektive auf das Werk von Rolf Dieter Brinkmann. Bisher unbekannte Handschriften, Briefe und von der Vechtaer Arbeitsstelle erworbene NachlÀsse erlauben neue Einblicke.

Brinkmann und die Religion? Das kann nur ein Irrtum sein. Nein, wir mĂŒssen genauer lesen: In der Art und Weise, wie er sich sinnlich vom Unsagbaren ĂŒberwĂ€ltigen lĂ€sst, tut sich etwas Besonderes kund. In der Art und Weise, wie er religiöse Akte im Alltag geradezu sucht und erfolgreich aufspĂŒrt, in der Art, wie er seine Coolness aufgibt und Strategien der Heiligung den Dingen einpflanzt, findet er in ihnen und durch sie das Gesuchte. Beinahe versöhnlich klingen solche Momente.

Leben, IntensitĂ€t, Schönheit - mit seiner Trias der schriftstellerischen Motivation entwickelt Brinkmann ein bemerkenswertes GespĂŒr fĂŒr das Unendliche im anscheinend Wertlosen unserer Zeit. Er ist entsetzt ĂŒber die AbgrĂŒnde der modernen Lebensbedingungen und verstört ĂŒber die HĂ€sslichkeit der uns umgebenden Konsumwelt. Aber er schafft Momente eines spirituellen GlĂŒcks im Banalen. Das ist religiös. Seine Gedichte sind nie nur negativ, sie transzendieren das Stoffliche, aus dem sie bestehen und benötigen die »dirty speech«, um uns aufzurĂŒtteln. Die Dialektik seiner lyrischen Sprachbehandlung bedeutet: Aus ihrer NegativitĂ€t leuchtet uns der Ă€sthetische Schein wie ein irreales Flackern entgegen und wie ein nie mehr fĂŒr möglich gehaltener GlĂŒcksmoment. Mitten in der schlechthin notwendigen Verneinung alles Begegnenden blitzt ein begeisteter Augenblick auf und lĂ€sst das wiedergewonnene Leben erahnen.