Ist die in Dichtung und Wahrheit einsilbig-lakonisch berichtete ›Pfingstwallfahrt‹ auf den Odilienberg im Mai 1771 wahrhaft Goethes kryptisch dargebotener Hinweis auf seine lebenswendende Initiation und resultiert aus der daraus entspringenden Erkenntnis für uns der Schlüssel zu seinem Werk? – Diese entscheidenden Fragen beantwortet die Studie mit dem Resultat, dass all die Werke auf dieser von Goethes zeitlebens verborgen gehaltenen visio-Erfahrung aufruhen, die sich damit als der Werk-stiftende nucleus und anamnetische Nabel Goethe’schen Schaffens entdecken lässt. So erweist sich, dass in der Autopsie der Toponoetik des Odilienbergs wie in der Begegnung mit der Augen-heilenden Odilia die Präfiguration der Goethe’schen Augenblicks-Emphase zu veranschlagen ist, die als der ›reine Begriff‹ des Werks gelten muss, mithin für uns als das real-ideelle Zentrum einer einheitlichen Werkdeutung, das nahezu alle Hervorbringungen regulativ bestimmt. – Insbesondere: Goethes Autopsie der dortigen großen Mauer spendete ihm ein imaginatives Nachbild des Mauerkampfs der Ilias, das kraft dieser daselbst lokalisierten Idee-Versinnlichung seine tiefere Homer-Entflammung motivierte. Was bisher unter restloser Verkennung dieses biographischen Prinzipiums nicht in Betracht zu ziehen war, wird damit erstmals aufgewiesen wie werkanalytisch abgeglichen: dass die Anamnesis-Stätte des Odilienbergs Goethe zum sichtbaren Urbild wurde.