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Warten auf die Pandemie : Ethnographie einer Katastrophe, die nie stattfand

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An pessimistische Ausblicke haben wir uns gewöhnt. Untergangsszenarien, KrisenerzĂ€hlungen und apokalyptische Visionen bestimmen den Markt der Zukunftsprognosen. Sie alle leben davon, dass nicht stattfindet, was sie ankĂŒndigen. Aber was geschieht eigentlich, wenn das angekĂŒndigte UnglĂŒck ausbleibt?

In den vergangenen Jahren warnten Experten immer wieder vor verheerenden Grippeepidemien. Nicht vor einem leichten Schnupfen oder der saisonal auftretenden Influenza, die alljĂ€hrlich fĂŒr den Tod von bis zu 30.000 Menschen allein in Deutschland verantwortlich gemacht wird, sondern vor einer viel gravierenderen Pandemie, die weltweit Millionen von Menschen dahinraffen könnte. Aus solchen Prognosen und Warnungen wird stets ein dringender Handlungsbedarf abgeleitet. Ohne umfassende Vorsichtsmaßnahmen könnte eine solche Krankheit die gesamte Wirtschaft lahmlegen und eine Kettenreaktion auslösen, die ĂŒber Nacht die Welt verĂ€ndern wĂŒrde.

Was bedeutet es aber, wenn der Erreger einer Krankheit vorwiegend im Modus der AnkĂŒndigung zirkuliert? Warten auf die Pandemie erzĂ€hlt, was geschah, als nichts geschah. Das Buch von Carlo Caduff zeigt, wie im Wechselspiel von Wissenschaft, GesundheitsverbĂ€nden und Öffentlichkeit die Akteure und die Institutionen durch die Zirkulation dramatischer Untergangsszenarien eine Drohkulisse aufbauten, die Ă€ußerst produktiv war. Obwohl das prognostizierte Unheil gar nicht eintrat, erzeugten die Krisenszenarien und UntergangserzĂ€hlungen ein tiefes GefĂŒhl der Verunsicherung. Dass die tödliche Krankheit ausblieb, die verheerende Epidemie sich doch nicht ausbreiten konnte, fĂŒhrte nĂ€mlich gerade nicht dazu, dass man die BemĂŒhungen um ihre BekĂ€mpfung eingestellt hĂ€tte. Vielmehr wurden die Vorbereitungen auf ihren Ausbruch zu einer staatlichen Daueraufgabe. Die Schreckensszenarien einer globalen Seuche bleiben im öffentlichen Bewusstsein und verĂ€ndern so die Welt, in der wir leben.