Aus einer psychiatrischen Begutachtung zur Frage der geistigen Zurechnungsfähigkeit.
Professor: Dr. "X" weiĂ, dass er die Geschehnisse von Auschwitz aus der Erinnerung nicht ausradieren kann. Der fĂźrchterliche Geruch und die fĂźrchterlichen Geschehnisse sind in Dr."X" noch so lebendig, dass er sich fĂźrchtet, näher an das Tor des Todes mit den Gaskammern und den VerbrennungsĂśfen herangefĂźhrt zu werden, weil er an den Grausamkeiten an wehrlosen Menschen und Kindern beteiligt war.
Die Entfernung vom elsässischen StraĂburg nach Ausschwitz in SĂźdpolen, zwischen denen einst eine enge Kooperation in der "Pigmentforschung" an menschlichen Augen bestanden hatte, ist ein Hinweis dafĂźr, wie groĂ die Angst vor der Bestrafung fĂźr die von ihm begangenen Taten ist, die schon damals seinem Wissen vom Menschen und seinem Gewissen vor der Menschlichkeit aufs Schärfste widersprochen haben mussten. Deswegen steckt ihm der Geruch von Auschwitz noch tief in der Nase, den er da nicht mehr wegbekommt. Mit den Taten von damals hat der Täter das menschliche Gesicht verloren. Er gab das Tätergesicht in die plastische Chirurgie, um es verändern zu lassen. Es ist ein entstelltes, skurriles Monstergesicht mit der ästhetisch fehlenden Mitte geworden, weil es auch nach operativer Veränderung kein menschliches Gesicht mehr werden konnte, auch wenn er sich dabei die Ohren anlegen lieĂ. DarĂźber hinaus wollte er den Namen, den ihm seine Eltern gegeben hatten, nicht mehr tragen. Dr."X" sagte im Gespräch, dass in ihm das GefĂźhl fĂźr die Heimat mit der schweren Kindheit gestorben sei. Er wollte ein anderer, ein neuer Mensch mit einem anderen, neuen Namen sein. Doch ein anderer Mensch ist er damit nicht geworden. So tat er es zur Tarnung, um als der Täter von Auschwitz, als der "HĂźne von Unmensch mit dem sächsischen Dialekt" nicht erkannt zu werden. Er tat es aus Angst und nicht aus BuĂe. Dr."X" wird es begreifen mĂźssen, dass er das menschliche Gesicht nicht mehr bekommen und seinen Taten nicht davonlaufen kann. Im Gespräch zeigte er sich von Ăźberdurchschnittlicher Intelligenz und Wachsamkeit. Er misstraut den Menschen, dass sie dahinterkommen, was er in Auschwitz getan hat. Es ist die Angst, die bei ihm schwerer wiegt als der Versuch einer Entschuldigung fĂźr das, was er getan hat, was im hĂśchsten MaĂe unmenschlich und verwerflich war. Nun ist es die Krebsgeschwulst der Vernichtung, die am Ende auch den Täter verzehrt. Dr."X" ist in einer guten geistigen Verfassung und voll zurechnungsfähig fĂźr das, was seine Taten betrifft.