Lise Meitner (1878-1968) ist die groĂe Dame, man möchte sagen selbstbewusste Verkörperung des Weiblichen in der Wissenschaft ihrer Zeit und eine der ersten Frauen (in) der Physik. Ăber viele Jahre forschte und lehrte sie an der Seite von Otto Hahn bevor sie, von den Nationalsozialisten aus Berlin vertrieben, 1938 nach Schweden emigrieren muss. FĂŒhrend in ihren Arbeiten auf dem Gebiet der Kernphysik und RadioaktivitĂ€t, war sie maĂgeblich an der Entdeckung und theoretischen Deutung der Kernspaltung beteiligt. Angebote, zum Bau der Atombombe in die Vereinigten Staaten zu gehen, lehnte sie ab. Die hier versammelten Tonaufnahmen vergegenwĂ€rtigen den Werdegang dieser so bemerkenswerten, eigentlich öffentlichkeitsscheuen Frau, der zugleich auch Zeugnis einer geglĂŒckten Askese ist - eines Lebens fĂŒr die Forschung.
"Es fĂ€llt auf den ersten Blick schwer, sich vorzustellen, daĂ Frau Meitner tatsĂ€chlich unser gesamtes Weltbild entscheidend beeinfluĂt hat. Diese zierliche Dame, die selbst in hochhackigen Pumps noch auffallend klein wirkt, hat so sanfte Bewegungen, eine so warme, leise Stimme, daĂ man sie sich ĂŒberhaupt nicht in irgendeinem wissenschaftlichen Institut, sondern nur in der IntimitĂ€t eines Zimmers vorstellen mag. Selbst in einem Hörsaal gibt sie jedem ihrer tausend Zuhörer das GefĂŒhl, als unterhalte sie sich mit ihm allein. Sie hat nichts Lehrhaftes, nichts Dozierendes. Sie erzĂ€hlt, ja, sie plaudert fast. So meint man bis dann plötzlich ihr Manuskript mit einem lauten Rascheln vom Pult herunterfĂ€llt, und sie es nicht einmal bemerkt. Und man sieht, sie plaudert eben doch nicht, sie arbeitet so konzentriert, daĂ fĂŒr sie nichts mehr wirklich ist auĂer ihren Gedanken..." (Berliner Tagesspiegel, 10.4.1953)