Ein Essay über Wolfgang Herrndorfs Blog »Arbeit und Struktur«, in dem er sein Schreiben, Sterben und seine Freiheit zum Tode reflektiert.
Kurz nachdem Wolfgang Herrndorf 2010 an einem Hirntumor erkrankte, begann er den Blog Arbeit und Struktur. Der Titel war Programm. Nun fand er die Energie und Entschlossenheit, Tschick abzuschließen, Sand zu schreiben und an Bilder deiner großen Liebe zu arbeiten. In den bald täglichen Einträgen im Blog dachte Herrndorf in seltener Klarheit auch über den möglichen Suizid nach, vor allem angesichts der Tatsache, dass der Tumor ihm zuletzt jede Selbstkontrolle rauben könnte. So verfolgte er aufmerksam die öffentlichen Debatten zum selbstbestimmten Sterben, getragen vom Vertrauen, mit Laptop und Revolver als Insignien der Freiheit der eigenen Situation begegnen zu können. Zudem boten literarische Erkundungen, vor allem zu Goethes Werther und Dostojewskijs Romanen die Chance, die Liebe zum Leben und die Freiheit zum Tode ins eigene Bewusstsein zu heben. Sein Blog, dessen erste Resonanzen der Essay ebenfalls nachzuzeichnen sucht, gilt heute aufgrund der kompromisslosen Klarheit nach Jean Amérys Diskurs über den Freitod als Klassiker des suizidalen Denkens.