Das Lesen nicht nur bildet, sondern auch in den Wahnsinn treiben kann, wissen wir spätestens seit Miguel de Cervantes DON QUIJOTE von der Mancha. Der voluminĂśse Barockroman â Ăźber tausend Seiten hanebĂźchene Abenteuer â ist allerdings den heutigen Lesern nur noch anekdotisch in Erinnerung. Vom Kampf gegen WindmĂźhlen weiĂ der Halbkundige zu berichten, von einer frĂźhen Satire auf die abenteuerliche Welt der Ritterromane, von einem Pferd namens Rosinante (keine Stute Ăźbrigens) und natĂźrlich von einem kugelrund gedachten Knappen mit dem literaturläufigen Namen Sancho Panza. Der DON QUIJOTE ist Weltliteratur also im besten Sinne, bekannt und fast vergessen, und daher wie geschaffen zu einer Zweitexistenz auf der BĂźhne, auf der sein SchĂśpfer nie wirklich reĂźssierte.
Wer Rebekka Kricheldorfs Bearbeitungen klassischer Stoffe kennt â "Der groĂe Gatsby" oder "Lysistrata" zum Beispiel â der weiĂ, dass sie mit groĂen Werken zu spielen weiĂ. Und so wird auch aus Cervantes' Werk ein skurriles Kabinett Kricheldorfscher Personen, die sich die Wirklichkeit mit der Fiktion teilen und Altes neu erzählen. Die BĂźhnenbearbeitung ist fĂźr das Theater OsnabrĂźck entstanden. "Gibt es noch einen Ausweg aus Wahn und Wirklichkeit â und kann man beides Ăźberhaupt unterscheiden?" fragt das Theater. "Schluss!" antwortet DON QUIJOTE. "Mit solchem Relativismus kommt ein Kavalier nicht weit."