Friedrich RĂŒckert brachte die orientalische Literatur nach Europa. Kann sein Orientbild angesichts der zunehmenden Islamophobie helfen, BrĂŒcken zu schlagen?
Friedrich RĂŒckert zu lesen heiĂt abzutauchen in zwei Vergangenheiten: in die des Abendlands und die des Orients. Was hat der Poet heute noch angesichts der aktuellen Krisensituation zu sagen?
Stefan Weidner unterzieht den Dichter und polyglotten Ăbersetzer der orientalischen Literaturen einer NeulektĂŒre vor dem Hintergrund des aktuellen politischen Spannungsfelds zwischen arabischer Welt und Europa. Was der Orient im 19. Jahrhundert fĂŒr RĂŒckert war, scheint im 21. Jahrhundert fĂŒr die aus der arabischen Welt kommenden FlĂŒchtlinge Europa zu sein: Beide idealisieren und romantisieren ihren Sehnsuchtsort. Aber wĂ€hrend es RĂŒckert erspart blieb, mit der Wirklichkeit in der arabischen Welt konfrontiert zu werden, prallen heute die FlĂŒchtlinge mit ihren Hoffnungen gegen die europĂ€ische Wirklichkeit. Und der Orient als Sehnsuchtsort, wie er in den Ăbersetzungen RĂŒckerts aufscheint, gerĂ€t immer stĂ€rker in Konflikt mit den aktuellen Bildern. Stefan Weidner zeigt in seiner Analyse dieser Diskrepanz, wie es mit Hilfe von RĂŒckerts poetischem Blick auf die arabische Welt gelingen kann, sich von der medialen Verfremdung und dem einseitig gegenwartsbezogenen Blick auf den Orient freizumachen.