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Klandestine Welten. Mit Goffman auf dem Drogenstrich.

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OberflĂ€chlich betrachtet, ist das Frankfurter Bahnhofsviertel eine jedem zugĂ€ngliche Welt. Sie ist jedoch in besonderer Weise durch doppelte Illegalisierung tabu oder 'verdeckt': durch Prostitution und den Gebrauch von Drogen. Hier 'mitspielen' kann nur, wer die gĂ€ngigen informellen Regeln kennt, und wer nicht mitspielt – wie die Forscherinnen –, muss sich von irritierten Freiern die Frage stellen lassen, 'was macht ihr hier, wenn ihr nichts macht?'.

In der detaillierten Studie werden mit Hilfe von Erving Goffmans Interaktionstheorien die WĂŒnsche und Taktiken der Freier auf dem Drogenstrich, der 'Freier-Autocorso', die Tabus, Strategien und Kompetenzen der Anbieterinnen, ihre Preise, der Ablauf des 'GeschĂ€fts' wie auch VertragsbrĂŒche und GewalttĂ€tigkeiten analysiert.

'Es gibt unter den Drogenprostituierten natĂŒrlich jene Frauen, die dem Opfer-Stereotyp der Medien und der Fachliteratur entsprechen. Aber schon die Lebensgeschichten weisen eine erhebliche Vielfalt der Wege in die Szene aus. Ein frĂŒher sexueller Missbrauch als letztliche Ursache von Drogenkonsum und Prostitution wird kaum erwĂ€hnt. Einige Frauen sind nicht ĂŒber den primĂ€ren Drogenkonsum zur Prostitution als Finanzierungsmöglichkeit gekommen, sondern hatten bereits Prostitutionserfahrung, bevor sie mit dem Drogenkonsum begannen. Vielen kann man ein durchaus kompetentes Alltagsmanagement bescheinigen, mit privaten Partnerschaften neben Dauerbeziehungen zu bestimmten Freiern und sogar einer Vorsorge in Bezug auf die Drogenversorgung. Abgesehen von Hepatitis und desolaten ZĂ€hnen ist die körperliche Verfassung der meisten Frauen nicht so schlecht wie allgemein angenommen; fĂŒr viele hat Körperpflege auch unter widrigen VerhĂ€ltnissen hohe PrioritĂ€t.'