(0)

Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms

E-book


Action, Melo und Fantasy sind zwar nicht seine StĂ€rken, doch an Unterhaltungs- und Schauwerten hat der Dokumentarfilm mit dem Spielfilm schon lange gleichgezogen. Auch vermeintlich spröde Themen vermag er publikumsgefĂ€llig in Szene zu setzen. Das MissverstĂ€ndnis, der dokumentarische Modus sei einer unkĂŒnstlerischen Wirklichkeitsabbildung und platten Sachverhaltsschilderung verpflichtet, ist ausgerĂ€umt, denn das artifizielle "Spiel" mit der RealitĂ€t ist ebenso wichtig wie das Thema selbst.

Mit dem Zuwachs an AttraktivitĂ€t und Ă€sthetischem Prestige kann der Dokumentarfilm seine seit je vorhandenen Kompetenzen ausspielen. Weder ist er an fixierte Handlungsmodelle und starre Dramaturgien gebunden, noch muss er den Zuschauern Konfliktlösungen anbieten, mit denen sie sich identifizieren sollen. Sein kreatives Potential liegt in der freien SouverĂ€nitĂ€t und SpontaneitĂ€t gegenĂŒber dem Sujet. Der dokumentarische Blick kann eingefahrene Wahrnehmungsmuster aufbrechen und das herrschende Normensystem gegen den Strich bĂŒgeln. Die Erschließung neuer RealitĂ€tsbezirke und die unterschiedlichen Strategien der Wirklichkeitsreflexion, die er in seiner ĂŒber 100-jĂ€hrigen Geschichte praktiziert hat, situieren den Dokumentarfilm als Archiv des kulturellen GedĂ€chtnisses und als visuellen Gesellschafts- und MentalitĂ€tsspiegel.

Dennoch hat die Filmgeschichtsschreibung dieses Genre in ihr Randrevier abgeschoben, weil sie "Film" primÀr als fiktionales Produkt versteht. Ein Kanon bzw. Repertoire der bedeutendsten Dokumentarfilme ist daher nur in AnsÀtzen entstanden. Doch wie die Spielfilmgeschichte stolz die Schatzkammer ihrer Klassiker öffnet, so kann auch der Dokumentarfilm seine Casablancas und Citizen Kanes vorweisen.

Solche Klassiker der deutschsprachigen Produktion einem breiten Publikum vorzustellen, ist die Absicht des Buches. Es informiert ĂŒber Dokumentarfilme von den 1920er Jahren bis zur Gegenwart. Die Auswahl ist so getroffen, dass die FĂŒlle der verschiedenen Spielarten dieses heterogenen Genres deutlich wird. Die alphabetisch nach Titeln angeordneten Artikel bestehen aus ausfĂŒhrlichen Inhaltsbeschreibungen mit interpretatorischen Akzenten und historischer Einordnung, Zitaten aus der Kritik, Produktions- und Stabangaben sowie Hinweisen zu DVD-Editionen. Ein EinfĂŒhrungskapitel mit einer komprimierten Dokumentarfilmgeschichte, mehrere Register und ein biografischer Anhang machen das Buch auch fĂŒr den Einsteiger zum idealen Kompendium.

Audio-visuelle Medien sind fester Bestandteil der Bildungsarbeit. Dokumentarfilmen mit ihrem analytischen Gesellschaftsbezug ist hier ein besonderer Rang zugewiesen. Diese Publikation stellt deshalb auch fĂŒr PĂ€dagogen, Historiker, Soziologen und Journalisten eine FĂŒlle von Informationen bereit.