(0)

Makoto und Aufrichtigkeit: Eine Begriffs- und Diskursgeschichte

E-book


Aufrichtigkeit ist eine höchst zweifelhafte Angelegenheit. Sie soll Vertrauen schaffen und macht doch unvertrĂ€glich und selbstgerecht. Sie soll Gemeinschaft fördern und fĂŒhrt doch zu Isolation und Diskriminierung. Dass sie außerdem keine Tugend ist, die ĂŒberall und zu allen Zeiten galt, zeigt der Aufrichtigkeitsdiskurs in Europa, der in der Renaissance begann und mit der Romantik endete.

Gleichwohl wird makoto hĂ€ufig mit diesem widersprĂŒchlichen Begriff ĂŒbersetzt oder in diesem Sinne verwendet. Dabei hat das makoto des Neo-Konfuzianismus, des Shintƍ, der Samurai-Ethik, der haikai- Poetiken und des bĂŒrgerlichen Diskurses selbst viele widersprĂŒchliche Bedeutungsschichten.

Anstatt zu fragen "Wie aufrichtig sind die Japaner?", rekonstruiert das Buch diese Bedeutungsschichten und zeigt, wie westliche Entwicklungshelfer (o-yatoi) und westliche Texte im Japan der Meiji-Zeit eine Überkronung von makoto durch den Aufrichtigkeitsbegriff befördert haben.

Es macht auch deutlich, dass diese Überkronung das Ergebnis eines Kampfes um die Deutungshoheit von Begriffen und Werten in Japan selbst war und dass dabei auch traditionelle Lesungen von makoto verĂ€ndert wurden.

Das so begriffs- und diskursgeschichtlich rekonstruierte kulturelle Gebilde makoto mit seinen west-östlichen, bĂŒrgerlich-adligen und pragmatisch-idealistischen Komponenten erweist sich damit als anschauliches Fallbeispiel fĂŒr die These kultureller HybriditĂ€t und das Paradigma der TranskulturalitĂ€t.