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Otto Weidt

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Der Kleinfabrikant Otto Weidt (1883–1947) betrieb zu Beginn der 1940er Jahre in der Rosenthaler Straße 39 in Berlin-Mitte eine als wehrwichtig eingestufte Besenmacherwerkstatt. Seine Belegschaft bestand ĂŒberwiegend aus blinden und gehörlosen Juden, die er so vor Verfolgung und Deportation zu schĂŒtzen versuchte. FĂŒr seinen Einsatz wurde er 1971 posthum als »Gerechter unter den Völkern« geehrt.

Weniger bekannt ist das frĂŒhere Leben Weidts: In der Kaiserzeit war er in der anarchistischen Arbeiterbewegung aktiv und wurde von der Politischen Polizei ĂŒberwacht. Den Ideen und Idealen des Anarchismus blieb er aber auch spĂ€ter verbunden. Zeitlebens war er ein strikter Gegner von Militarismus, Nationalismus und staatlicher Bevormundung.

Robert Kain nĂ€hert sich zunĂ€chst dem Anarchisten Weidt und zeichnet ein detailliertes Bild der anarchistischen Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Anschließend untersucht er die Zeit zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Eröffnung der »Blindenwerkstatt Otto Weidt«. Der Autor behandelt hier neben Weidts MilitĂ€rdienst, Ehen und Scheidungen auch dessen Erblindung um 1924 und den daraus resultierenden Weg zum BĂŒrstenmacher.

Die umfangreichsten Kapitel widmen sich natĂŒrlich detailliert dem aufopferungsvollen Einsatz von Otto Weidt fĂŒr jĂŒdische Mitmenschen und wie er sich dabei in einem weit verzweigten Hilfsnetzwerk fĂŒr NS-Verfolgte bewegte.

Abschließend befasst sich die fundamentale Arbeit mit der Rolle der Blindenwerkstatt in der Nachkriegszeit, Otto Weidts Engagement fĂŒr die Instandsetzung eines Alten- und Kinderheims der JĂŒdischen Gemeinde in Niederschönhausen und der Wahrnehmung und WĂŒrdigung seiner Person nach 1945. Ein biographischer Anhang gibt Auskunft ĂŒber viele in der »Blindenwerkstatt Otto Weidt« einst BeschĂ€ftigten.