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Steinwurf

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Steinwurf ... ein solcher Titel fĂŒr eine ErzĂ€hlung ĂŒber eine Liebe in Deutschland? Kein anderer. Denn ohne den Potsdamer Prozess wegen jenes Steinwurfs hĂ€tte der Berichterstatter niemals von der Liebe zwischen einer jungen Deutschen und zwei MĂ€nnern aus Jamaika erfahren: Da ist der Gerichtssaal mit der Pressebank vorn, und links davon die wegen versuchten Mordes Angeklagten, zwei stumpfe Kerle, der eine unter, der andere knapp ĂŒber zwanzig Jahre alt, und deren AnwĂ€lte daneben; rechts von der Pressebank, bei den Fenstern, werden bald die geladenen Zeugen auftreten, zwei der drei schwarzen Bauarbeiter, die im StĂ€dtchen M. angepöbelt worden waren und danach mit dem Auto wegzukommen versuchten. Was misslang: Das Auto prallte gegen einen Baum, nachdem die Frontscheibe durch den Steinwurf zertrĂŒmmert worden war 


Noch im Gerichtssaal bittet der Berichterstatter die junge Frau um ein GesprĂ€ch, und was sie ihm nach anfĂ€nglichem Zögern mitteilt, bei spĂ€teren Verabredungen in ihrem und auch seinem Haus offenbart, beginnt sich fĂŒr ihn zu einer ErzĂ€hlung nicht bloß ĂŒber die Liebe dieser Frau zu formen, sondern auch ĂŒber die Liebe jener anderen, die dem durch den Aufprall querschnittsgelĂ€hmten Fahrer aufopferungsvoll auf den Weg zurĂŒck ins Leben hilft ...

Der Berichterstatter muss sich nicht fragen, ob er gestalten und öffentlich machen darf, was er in den GesprĂ€chen erfahren hat — lĂ€ngst weiß er, dass die junge Frau ein Buch ĂŒber den Anschlag und ihre Beziehung zu den Opfern fĂŒr geradezu dringlich hĂ€lt. Soll er denn schweigen ĂŒber Fremdenhass in Deutschland, Gewalt gegen AuslĂ€nder in Deutschland, oder die Liebe von zwei Frauen verschweigen, die den Mut hatten, dem Gegenwind zu trotzen ...