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Transitional Justice in der Weltgesellschaft

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Das VÜlkerrecht fordert, dass ehemals repressive Staaten ihre gewaltvollen Vergangenheiten aufklären mßssen und verpflichtet diese darßber hinaus dazu, den Opfern von schweren Menschenrechtsverletzungen Wiedergutmachung zukommen zu lassen. Tatsächlich ist eine Vielzahl von Postkonfliktstaaten in Mittel- und Osteuropa, in Afrika, Asien, Lateinamerika und mit Marokko und Tunesien nun auch in der Region des Maghreb und des Nahen Ostens dieser Verpflichtung der transitionalen Gerechtigkeit auch wirklich nachgekommen. Angesichts der Tatsache, dass auf der Ebene der internationalen Politik effektive Durchsetzungsmechanismen fehlen, die souveräne Staaten zur Durchfßhrung von Transitional-Justice-Prozessen zwingen kÜnnten, ist das ein eher unerwarteter Befund. Wie lässt sich dieses erstaunliche Phänomen erklären?

Fatima Kastner unternimmt erstmals den Versuch, die Globalisierung von Transitional Justice aus einer Perspektive der historischen Soziologie der Weltgesellschaft zu erklären. Sie beschreibt die Herausbildung dieses neuartigen Konfliktbewältigungsmodells als eine direkte Folge der Wirkmacht weltkultureller Struktur- und Deutungsmuster und rekonstruiert die sozialhistorischen Ausgangsbedingungen und weltgesellschaftlichen Dynamiken, die zur globalen Ausbreitung von Normen, Standards und Institutionen von Transitional Justice gefßhrt haben. Am Beispiel des Transitionsprozesses in Marokko wird die lokale Wirkweise des globalen Rechtsregimes von Transitional Justice herausgearbeitet und seine weltgesellschaftliche Funktion deutlich gemacht.

Transitional Justice ist zu einem globalen Handlungsmodell der Übergangsgerechtigkeit in der Weltgesellschaft geworden. Kastner beschreibt eindrücklich die sozialstrukturellen Ursprünge und ideengeschichtlichen Entwicklungslinien, die transitionale Gerechtigkeit von der normativen Ausnahme zur weltpolitischen Regel werden ließ.