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Um das Erbe der Väter : Leni Behrendt Bestseller 57 – Liebesroman

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Leni Behrendt nimmt längst den Rang eines Klassikers der Gegenwart ein. Mit großem Einfühlungsvermögen charakterisiert sie Land und Leute. Über allem steht die Liebe. Leni Behrendt entwickelt Frauenschicksale, wie sie eindrucksvoller nicht gestaltet werden können.

Das Theater des Provinzstädtchens war bis auf den letzten Platz gefüllt. Über den erwartungsfrohen Menschen lag eine fühlbare Spannung, die sich von Minute zu Minute steigerte. Das kleine Theater hatte nämlich einen Gast, einen prominenten Schauspieler, den die meisten Besucher nur vom Film her kannten. Heute waren sogar die Logen besetzt, die sonst gewöhnlich leer blieben. Die meisten Bewohner des Städtchens hatten nicht so viel Geld, um sich die teuren Plätze leisten zu können. Und warum auch, man saß im Parkett ja ebenso gut. Eben öffnete sich wieder eine Logentür, und Kommerzienrat Hartmann, eine der maßgebendsten hiesigen Persönlichkeiten, nahm mit seiner Familie in den roten Sesseln Platz. Der Kommerzienrat war erst seit ungefähr einem halben Jahr in der Stadt ansässig. Er besaß große Unternehmungen, deren Zweigniederlassungen über die ganze Welt verstreut waren, und hatte bisher mit seiner Familie bald hier, bald dort gelebt. Sein Dasein war eigentlich eine einzige Hetze gewesen, bis sein Sohn herangewachsen war. Nun hatte er an ihm eine vortreffliche Stütze und konnte sich endlich mehr Ruhe gönnen als bisher. Es zog ihn in die Heimatstadt zurück, in der schon sein Großvater und sein Vater segensreich gewirkt hatten. Ihnen hatten hier die große Schneidemühle und die Zuckerfabrik gehört, die auch der Kommerzienrat noch sein eigen nannte. Außerdem war er Besitzer eines kleinen Bankgeschäftes, das jedoch in der Hauptsache seinen eigenen Unternehmungen zugute kam. Seinen einzigen Sohn hatte er ganz im Sinne der Vorfahren erzogen und größte Sorgfalt auf dessen Ausbildung verwandt. Alle Hoffnungen, die man auf ihn setzte, hatte der Sohn erfüllt; und so war das Verhältnis zwischen ihm und dem Vater geradezu ideal zu nennen. Seine Gattin war klein und fein, sanft und gütig, wurde vom Gatten und von ihren beiden Kindern gehätschelt und geliebt und war vor jedem rauhen Lüftchen so ängstlich behütet worden, als sei sie eine kostbare Treibhauspflanze. Der Sohn, Dr. Gisbert Hartmann, bot mit seiner hohen sportgestählten Gestalt, dem scharfgeschnittenen, kühnen Gesicht und den leuchtenden Blauaugen – einem Erbteil seines Vaters – einen äußerst angenehmen Anblick. Er war überhaupt ganz und gar das verjüngte Ebenbild seines alten Herrn und galt nicht nur als bestaussehender Mann, sondern auch als beste Partie in weitem Umkreise.