Eine hochaktuelle Analyse Ăźber das Ende historischer Gewissheiten und das BemĂźhen der Zeitgeschichte um Gegenwartsdistanz.
Mit seiner an der Humboldt-Universität Berlin gehaltenen Abschiedsvorlesung knĂźpft Martin Sabrow an seine Antrittsvorlesung zwĂślf Jahre zuvor an und sucht den Ort der Zeitgeschichte und Erinnerungskultur in der Gegenwart zu bestimmen. Er widmet sich dem Verlust tradierter Gewissheiten, der mit dem Ausbruch des Ukrainekriegs im Februar 2022 einhergeht und in der vielzitierten Rede von der "Zeitenwende" zum Ausdruck kommt. Sabrow lotet die Facetten dieses Umbruchs auf dem Feld der Vergegenwärtigung der Vergangenheit aus und beschreibt sie als schleichende AuflĂśsung eines geschichtkulturellen Grundkonsenses, der sich im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts herausgebildet hatte. Die in dieser Zeit auf allen Ebenen von Staat und Gesellschaft etablierte Bereitschaft zur kritischen und selbstkritischen Auseinandersetzung mit der Last des vergangenen Katastrophenjahrhunderts deutet Sabrow als Ăra der Aufarbeitung. Deren scheinbar festgefĂźgte Gewissheiten werden heute immer stärker in Frage gestellt und lassen auf einen geschichtskulturellen Epochenumbruch vom Universalismus zum Partikularismus schlieĂen.