Die Industrialisierung des Druckwesens und die Entwicklung der
Zeitschriftenpresse in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts veränderten
die Rahmenbedingungen für literarisches Schreiben grundlegend.
Diese Veränderungen sind vielfach unter Stichworten wie dem
Verlust ästhetischer Autonomie und den Zwängen des Medienmarktes
aufgefasst worden. Petra S. McGillens erstmals auf Deutsch vorliegende
Studie zu Theodor Fontanes Medien und Verfahren der Textproduktion
zeigt, wie es auch anders geht: Anhand von Fontanes Notizbüchern
und anderen ›Papierwerkzeugen‹ wie Kästen, Mappen und
Zeitungsumschlägen arbeitet sie heraus, wie Fontane auf die Industrialisierung
der Druckmaschinen mit einer neuen Form von Kreativität
antwortete. Journalistische Texte und Prosa-Arbeiten setzte er in
einem ›Workshop‹ aus Versatzstücken zusammen und benutzte dazu
einen Materialvorrat, den er mit Unterstützung vieler Helferinnen und
Helfer aus der massenmedialen Zirkulation zog, umarbeitete und wieder
in die Zirkulation einspeiste. In McGillens Studie wird Fontane
somit zum zentralen Vertreter einer Textproduktionspraxis, die sich
zwischen frühneuzeitlicher Kompilation und postmodernem Remix
aufspannt und die zur Neubewertung der Epoche des bürgerlichen
Realismus auffordert.