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Berliner Sittenbilder. Polizeiberichte. Zweiseelenmenschen

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Der Band enthĂ€lt drei frĂŒhe ErzĂ€hlungen Kretzers. "Polizeiberichte" und "Der alte Andres" sind packende, anschauliche Darstellungen des Berliner Großstadtlebens mit all seinen Versuchen und Schattenseiten. Im dritten Beitrag, "Die Zweiseelenmenschen", zeichnet Kretzer uns das psychologisch durchdrungene PortrĂ€t eines jener charakterschwachen Menschen, die, mit positiven Eigenschaften ausgestattet, gleichwohl doch nicht die Kraft haben, den Lockungen des großstĂ€dtischen Lebens zu widerstehen und sich und andere dadurch unglĂŒcklich machen – so lange bis sie entweder zugrunde gehen oder, durch harte SchicksalsschlĂ€ge gelĂ€utert, ihr Leben zum Besseren wandeln. Alle drei ErzĂ€hlungen durchpulst der naturalistische Blick und das entschiedene soziale Engagement des jungen, zornigen Autors.

Max Kretzer (1854–1941) war ein deutscher Schriftsteller. Kretzer wurde am 7. Juni 1854 in Posen als der zweite Sohn eines HotelpĂ€chters geboren und besuchte bis zu seinem 13. Lebensjahr die dortige Realschule. Doch nachdem der Vater beim Versuch, sich als Gastwirt selbststĂ€ndig zu machen, sein ganzes Vermögen verloren hatte, musste Kretzer die Realschule abbrechen. 1867 zog die Familie nach Berlin, wo Kretzer in einer Lampenfabrik sowie als Porzellan- und Schildermaler arbeitete. 1878 trat er der SPD bei. Nach einem Arbeitsunfall 1879 begann er mit der intensiven LektĂŒre von Autoren wie Zola, Dickens und Freytag, die ihn stark beeinflussten. Seit dem Erscheinen seines ersten Romans "Die beiden Genossen" 1880 lebte Kretzer als freier Schriftsteller in Berlin. Max Kretzer gilt als einer der frĂŒhesten Vertreter des deutschen Naturalismus; er ist der erste naturalistische Romancier deutscher Sprache und sein Einfluss auf den jungen Gerhart Hauptmann ist unverkennbar. Kretzer fĂŒhrte als einer der ersten deutschen Autoren Themen wie Fabrikarbeit, Verelendung des KleinbĂŒrgers als Folge der Industrialisierung und den Kampf der Arbeiterbewegung in die deutsche Literatur ein; die bedeutenderen Romane der 1880er und 1890er Jahre erschlossen Schritt fĂŒr Schritt zahlreiche bislang weitgehend ignorierte Bereiche der modernen gesellschaftlichen Wirklichkeit fĂŒr die Prosaliteratur: das Milieu der Großstadtprostitution (Die Betrogenen, 1882), die LebensverhĂ€ltnisse des Industrieproletariats (Die Verkommenen, 1883; Das Gesicht Christi, 1896), die Salons der Berliner "besseren Gesellschaft" (Drei Weiber, 1886). Sein bekanntester Roman, "Meister Timpe" (1888) ist dem verzweifelten Kampf des Kleinhandwerks gegen die kapitalistische Konkurrenz seitens der Fabriken gewidmet. WĂ€hrend Kretzer anfangs der deutschen Sozialdemokratie nahestand, sind seine Werke nach der Jahrhundertwende zunehmend vom Gedanken eines "christlichen Sozialismus" geprĂ€gt und tragen in spĂ€teren Jahren immer mehr den Charakter reiner Unterhaltungsliteratur und Kolportage. Er starb am 15. Juli 1941 in Berlin-Charlottenburg.