FrĂŒhherbst 1750. Georg Friedrich HĂ€ndel, erfolgreicher Komponist und Musiker, mehr EnglĂ€nder schon als Deutscher, reich, prĂ€tentiös, arrogant, einsam, nachdenklich und oft unsicher, ist zu einem Besuch in seine Geburtsstadt Halle gekommen. Die Garnisons- und UniversitĂ€tsstadt an der Saale freilich hat wenig zu bieten, wenn man aus London kommt.
Was will der alternde Komponist, dem in London Herzöge, SĂ€ngerinnen, Kastraten und Musikunternehmer zu FĂŒĂen liegen, hier? Man erinnert sich seiner kaum noch, Erfolge auf der britischen Insel oder in Dublin interessieren in Halle nicht sehr. Und ein GeschĂ€ftsmann wie HĂ€ndel nahm die Schwierigkeiten einer Reise aufs Festland nur in Kauf, wenn es galt, SĂ€nger oder Musiker einzukaufen, oder wenn es galt, die ArbeitsfĂ€higkeit durch fast gewaltsame Kuren wieder herzustellen.
Diese Reise ohne rechten Grund jedoch ist verbĂŒrgt â und so gut sonst Georg Friedrich HĂ€ndels Biografie bekannt ist: Ăber die Tage in Halle 1750 weiĂ man nur wenig. Albrecht Franke fĂŒllt die LĂŒcken mit einer ErzĂ€hlung, in der der Ă€uĂere Glanz des erfolgreichen KĂŒnstlers mit dessen innerer Not konfrontiert wird. HĂ€ndel hat begrĂŒndete Angst zu erblinden. Und wie unter dem Zwang, alles zu sehen und aufzubewahren, wĂ€chst die Musik des Oratoriums âJephtaâ in ihm auf â der biblischen Geschichte eines Mannes, der dem Erfolg als Feldherr das Liebste opfern will ⊠Und die Jephta-Musik wird in London geschrieben werden, im Kampf gegen die Erblindung.