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Wenn die Angst überwunden ist : Dr. Norden Bestseller 289 – Arztroman

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Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt.

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration.

Henrike Dreskow war das blonde Mädchen schon auf dem Airport in New York aufgefallen, obwohl es dort beinahe wild zuging. Henrike war Reporterin und hatte einen Blick für besondere Gesichter, und dieses Mädchen hatte ein besonders ausdrucksvolles Gesicht, obgleich es noch blutjung sein mußte. Schmal wie ein halbwüchsiger Junge, in verwaschenen Jeans, einem überweiten Pulli, Tennisschuhen und einer Leinentasche über der Schulter hängend, sah sie aus, als wäre sie überstürzt irgendwo weggelaufen. Jedenfalls dachte Henrike das, denn sie machte sich immer Gedanken über junge Menschen, die in der Masse so verloren wirkten. Dabei war sie selbst noch nicht einmal dreißig, aber geprägt von einem bewegten und nicht gerade leichten Leben. Sie ging mit offenen Augen durch die Welt, aber manchmal, wenn sie warten mußte, dachte sie sich auch Geschichten aus über einen Menschen, der ihr besonders auffiel, und dieses blonde Mädchen ging ihr auch nicht aus dem Sinn, als es plötzlich von der Menge verschluckt zu sein schien. Und dann sah sie es wieder in dem Jumbo-Jet, der nach Frankfurt fliegen sollte, und mit dem auch sie flog. Henrike bekam sogar einen Platz neben diesem Mädchen, das still und in sich versunken zum Fenster hinausblickte. Henrike konnte sich eine Geschichte ausdenken, als die Maschine schon hoch in der Luft schwebte, denn das Mädchen schien zu schlafen, und so war Henrike auch nicht, daß sie gleich in den ersten Minuten ein Gespräch begonnen hätte, obgleich sie das manchmal reizte, und auch in diesem Fall. Wie für einen Überseeflug war das Mädchen nicht gekleidet, aber diese jungen Leute liebten es ja lässig, und Henrike hatte nichts dagegen. Aber meist reisten sie nicht allein, wenn ihr Gepäck so bescheiden war, und eigentlich wirkte die junge Fremde nicht so, als wäre sie ein Wandervogel. Was Henrike aber selten passierte, war diesmal der Fall. Sie wußte nicht, wo sie dieses Mädchen einordnen sollte, sie konnte nicht mal eine Story erfinden, die vielleicht der Wirklichkeit nahekam, und somit wuchs ihr Interesse. Dann vernahm sie plötzlich ein leises, schmerzliches Stöhnen, und es war, als würde das Mädchen von einem lautlosen Schluchzen geschüttelt. »Kann ich Ihnen helfen?« fragte Henrike, leicht den Arm des Mädchens umfassend, das nun zusammenzuckte und Henrike dann angstvoll anblickte. »Ich wollte Sie nicht erschrecken«, fuhr Henrike fort, »ich dachte nur, daß es Ihnen vielleicht nicht gut wäre.« »O doch, mir fehlt nichts.« Dann wurde Essen serviert, und da schienen die Lebensgeister des Mädchens geweckt zu sein.